Österreicher sind Online-Shopping-Patrioten

59,9 Prozent aller Österreicher ist es laut einer Befragung wichtig, bei heimischen Anbietern zu kaufen. Lippenbekenntnis oder doch mehr?


Thorsten Behren, Experte für Online-Shopping
E-Commerce-Profi Thorsten Behrens sieht große Irrtümer bei den Herkunftskriterien. „Wer den Heimvorteil nutzen möchte, muss daher umso deutlicher erkennbar machen, dass er tatsächlich ein österreichischer Online-Händler ist." (© Österreichisches E-Commerce-Gütezeichen)

Online-Shopping boomt weiterhin. Befeuert durch die Pandemie haben zahlreiche Anbieter ihr Online-Angebot aus- oder überhaupt erst aufgebaut. Angesichts der Marktdominanz globaler Konzerne wie Amazon oder Alibaba stellt sich jedoch für viele heimische Player die Frage, wie sie gegen die Internet-Riesen punkten können.

Gute Nachrichten für heimische Händler und Anhaltspunkte, wie man sich behaupten kann, liefert eine aktuelle Studie des Österreichischen E-Commerce-Gütezeichens: 59,9 Prozent aller 1.000 Befragten ist es wichtig, dass ein Online-Shop von einem österreichischen Händler betrieben wird bzw. aus Österreich kommt – und zwar quer über alle Altersstufen hinweg. Das ist deutlich mehr als noch 2021 eine Studie von Kantar Sifo aufzeigte.

Fakt oder Fiktion: Warum heimische Anbieter bevorzugt werden

Mit 62,7 Prozent kauft die Mehrheit der österreichischen Konsumentinnen und Konsumenten bei nur ein bis drei Online-Anbietern, 27,4 Prozent verteilen ihre Einkäufe auf vier bis sechs Shops. Dazu Thorsten Behrens, Geschäftsführer des Österreichischen E-Commerce-Gütezeichens: „Es ist nicht schwer zu erraten, dass bei den Top-3-Anbietern die ,Big Player‘ nach wie vor an der Spitze liegen. Aber wir beobachten eine steigende Tendenz bei der Bandbreite der genutzten Online-Shops – eine Chance für heimische Anbieter.“

Genauer hinterfragt, warum eine österreichische Herkunft beim Online-Shopping wichtig ist, geben zwei Drittel (66,1 %) an, dass sie die heimische Wirtschaft unterstützen wollen. Mehr als die Hälfte (55,4 %) bevorzugen Austro-Anbieter, weil diese dank kürzerer Lieferwege nachhaltiger sind. Drittwichtigster Grund ist, dass dort auch Waren von kleineren heimischen Erzeugern angeboten werden. Immerhin 36,9 Prozent geben an, österreichische Online-Anbieter zu bevorzugen, weil sie Internet-Riesen aus den USA und Asien nicht noch weiter fördern wollen.

Nachhaltigkeit als Online-Shopping-Kriterium

Nachhaltigkeit spielt auch beim Einkaufen im Internet mittlerweile eine große Rolle: Mehr als zwei Drittel aller Befragten (68,7 %) geben an, dass ihnen dieses Thema bei der Auswahl eines Online-Shops wichtig ist.

Aber was genau verstehen sie dabei unter Nachhaltigkeit? Im Rahmen der Studie wurde auch hier genauer nachgefragt. Am wichtigsten ist demnach, dass ein Anbieter nachhaltige Produkte im Sortiment hat (89,5 %), gefolgt von der Verwendung von Verpackungen aus Recyclingmaterial (88,2 %). Fast ebenso viele (88,1 %) legen Wert darauf, dass alles, was als nachhaltig bezeichnet wird, auch als solches überprüfbar ist. Ebenfalls deutlich mehr als Dreiviertel der Befragten finden eine CO2-neutrale Lieferung (82,7 %) relevant und dass nachhaltige Produkte im Sortiment nicht nur vorhanden, sondern auch speziell gekennzeichnet und filterbar sind (81,8 %).

Behrens: „In einigen Fällen mag es sich um Lippenbekenntnisse handeln, aber dennoch zeigen diese hohen Zahlen deutlich, dass im Bereich Nachhaltigkeit enormes Potenzial liegt. Kurze Lieferwege, umweltschonende Verpackung und nachhaltige Produkte sind absolute Pluspunkte. Wer diese Kriterien nicht kenntlich macht, lässt eine große Chance verstreichen.“ 

Fatale Irrtümer bei Herkunftskriterien

Deutlich Luft nach oben zeigt sich bei der Information der Konsumenten, was einen österreichischen Online-Shop überhaupt ausmacht. Denn fast 90 Prozent sind der Ansicht, dass es entscheidend ist, ob ein Händler nach Österreich liefert. An zweiter Stelle der wichtigsten Aspekte rangiert eine österreichische Adresse im Impressum (79,1 %), gefolgt von dem Faktum, dass der Händler seinen Hauptsitz in Österreich hat (77,3 %). Für rund Dreiviertel (76,5 %) macht der Versand aus Österreich einen heimischen Online-Shop aus. 70 Prozent meinen, dass eine .at-Adresse ausschlaggebend dafür ist, ob es sich um einen österreichischen Anbieter handelt. Immerhin deutlich mehr als die Hälfte (58 %) hält auch das Vorhandensein stationärer Filialen in Österreich für ein wichtiges Kriterium.  

„Diese Ergebnisse sind zum Teil überraschend und zeigen großen Aufklärungsbedarf – denn Versand nach Österreich ist keineswegs gleichbedeutend mit Versand in Österreich und eine at.-Domain für einen Beweis heimischer Herkunft zu halten, ist ein gravierender Irrtum. Wer den Heimvorteil nutzen möchte, muss daher umso deutlicher erkennbar machen, dass er tatsächlich ein österreichischer Online-Händler ist“, kommentiert Thorsten Behrens.