Debatten um österreichisches Whistleblower-Gesetz

Das Institut für Interne Revision übt Kritik am neuen Hinweisgeberschutzgesetz, welches am ersten Februar mit über einem Jahr Verzögerung beschlossen wurde.


Die EU will Whistleblower schützen. Geht der österreichische Gesetzesentwurf dazu weit genug?
Die EU will Whistleblower schützen. Geht der österreichische Gesetzesentwurf dazu weit genug?

„Bedauerlicherweise fanden die Verbesserungsvorschläge kaum Berücksichtigung im Gesetzestext und die Experten wurden nicht gehört“, sagt Gottfried Berger, Vorsitzender des Instituts für Interne Revision (IIA Austria). Mit dem Gesetz kommt die Österreichische Bundesregierung der Umsetzung einer EU-Richtlinie nach, laut der Mitgliedsstaaten für die rechtlich Absicherung von Whistleblowern in Unternehmen und im öffentlichen Sektor zu sorgen haben. Die Richtlinie trat bereits im Dezember 2019 in Kraft.

Debatte im Nationalrat

Die Regierungsparteien halten den beschlossenen Gesetzesentwurf für eine gute und praktikable Lösung. Die Verfassungssprecherin der Grünen, Agnes Sirkka Prammer, sagte allerdings, sie behaupte nicht, dass der Nationalrat das beste Hinweisgeberschutzgesetz der Welt beschlossen habe. Laut Sirkka Prammer gehe das Gesetz aber über die EU-Vorgaben hinaus.

Die Oppositionsparteien protestierten den Entwurf erwartungsgemäß. Verena Nussbaum, SPÖ-Abgeordnete, befürchtet einen „wahren Spießrutenlauf“ und hohe Rechtsunsicherheit für Personen, die einen Missstand melden wollen. Sie kritisiert, dass das Gesetz nur bestimmte Sachbereiche abdecke. Hinweisgeber die andere Rechtsverletzungen wie etwa systematische Arbeitszeitverletzungen, Lohndumping, gefährliche Arbeitsbedingungen, Untreue oder sexuelle Belästigung melden, seien vom Schutz nicht umfasst.

FPÖ Abgeordnete Belakowitsch ist der Meinung, die Bundesregierung sei „auf halben Weg stehen geblieben“. Sie hält das Gesetz für nicht umsetzbar.

Österreich rutscht im internationalen Ranking weiter ab

Die Internen Revisoren Österreichs orten auch bei der allgemeinen Korruptionsbekämpfung Nachholbedarf. Auf dem Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International rutscht das Land in diesem Jahr um neun Plätze ab. Von 13 auf 22. Berger stellt dazu fest: „Wir sind darüber zwar nicht verwundert, der Absturz macht aber betroffen. Der Umgang der Politik mit Korruption in Österreich ist bedauerlicherweise sehr lasch.“ 

Ein wesentlicher Faktor für den Absturz ist, laut IIA Austria, das nach wie vor fehlende Informationsfreiheitsgesetz, das durch öffentliche Kontrolle Korruption verhindern könnte. Das Parteien-Transparenzgesetz wurde im Vorjahr zwar verschärft, biete allerdings immer noch Schlupflöcher.

Lücken im Hinweisgeberschutz

Ob umsetzbar oder nicht, der Anfang Februar beschlossene Hinweisgeberschutz weist laut IIA Lücken auf. Das Institut reichte eine eigene Stellungnahme beim Nationalrat ein. Darin werden unter anderem folgende Punkte kritisiert: 

  • Das Gesetz sieht den Schutz von Hinweisgebern bzw. Whistleblowern nur bei Verletzungen von EU-Recht und bei Korruptionsfällen vor. Nicht berücksichtigt sind der Schutz bei Verstößen gegen das Arbeitsrecht, bei Mobbing, sexueller Belästigung, aber auch Betrug.
  • Das Gesetz sieht keine Verpflichtung zur Bearbeitung von anonymen Hinweisen vor. 
  • Ebenso wenig sind im Hinweisgeberschutzgesetz Sanktionen definiert, wenn ein Unternehmen keine Meldestelle für Whistleblower einrichtet.

Andere Länder, andere Maßnahmen

Auch die deutschen Nachbarn ringen derzeit um die Umsetzung der EU-Richtlinien. Der dortige Gesetzesentwurf muss noch durch den Bundesrat. Ein Beschluss wird Mitte des Jahres erwartet. Trotz des längeren Prozesses scheinen die deutschen Whistleblower besser geschützt: Einige fehlende Punkte, die an den österreichischen Richtlinien kritisiert wurden, finden sich im deutschen Entwurf wieder. So werden hier alle Bereiche des europäischen und internationalen Rechts abgedeckt und Sanktionen definiert.