Unsichere Integration

Das Aufenthalts- und Arbeitsrecht für ukrainische Kriegsvertriebene wurde in Österreich bis März 2024 verlängert. Ein weiterer Verbleib ist, gerade in Hinblick auf die Nationalratswahlen im selben Jahr ungewiss. Kann Integration so funktionieren?


Die Ukraine wurde vor mehr als einem Jahr von Russland überfallen. Wie läuft die Integration der Vertriebenen in Österreich? © Pexels
Die Ukraine wurde vor mehr als einem Jahr von Russland überfallen. Wie läuft die Integration der Vertriebenen in Österreich? © Pexels

Als in den 1990er Jahren der Jugoslawienkrieg ausbrach, bat Österreich Schutz. Mit dem 1997 beschlossenen Bosniergesetz wurde damals Kriegsflüchtigen Perspektive durch dauerhafte Bleibeaussichten geboten. Bis heute leben rund 150.000 Menschen bosnischer Herkunft im Land. Die Integration funktionierte.

Diakonie will Ukrainergesetz

Auch heute herrscht wieder Krieg in Europa. Die völkerrechtswidrige Invasion Russlands in der Ukraine dauert mittlerweile mehr als ein Jahr an und scheint in naher Zukunft kein Ende zu nehmen. Laut Angaben des Österreichischen Integrations Fonds (ÖIF) befinden sich derzeit rund 72.000 Kriegsvertriebene aus der ehemaligen Sowjetrepublik im Land. Ihre Zukunft ist lediglich für ein weiteres Jahr gesichert. Gerade die steigenden Umfragewerte der migrationskritischen FPÖ, die in der Vergangenheit einen Freundschaftsvertrag zur Putin-Partei Единая Россия (Einiges Russland) unterhielt, stiftet Unruhe.

Vor diesem Hintergrund fordert die Diakonie Österreich nun ein eigenes Ukrainergesetz. „Es ist höchste Zeit, dass Ukraine-Vertriebene Möglichkeiten für einen dauerhaften Aufenthalt bekommen und Integrationsperspektiven entwickeln können“, erklärt Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser. „Denn mittlerweile ist klar: Der Krieg wird so schnell nicht vorbei sein. Russland hat gerade eine Winteroffensive gestartet. Die ukrainische Regierung hat schon länger ihre Bürger:innen im Ausland aufgerufen, nicht ins Land zurück zu kehren. Ukrainer:innen, die wir in unserer Beratungsstelle unterstützen, sagen uns, dass sie sich vom Gedanken an rasche Rückkehr verabschiedet haben.“

Grundversorgung keine Dauerlösung

Zusätzlich zur ungewissen Zukunft, birgt das österreichische Integrationssystem weiter Hürden für ukrainische Vertriebene. Wenn sie nicht schnell einen Job finden, geht es meist in die sogenannte Grundversorgung. Diese bietet Sozialversicherung und einfacheren Zugang zu geförderten Deutschkursen. Was zuerst nach einem logischen ersten Schritt in der Integration wirkt, kann für diese allerdings hinderlich sein: Personen in der Grundversorgung haben Anspruch auf 260€ Verpflegungsgeld. All das ist gekoppelt an eine Einkommensgrenze von weiteren 110€ pro Monat. Wer sich durch einen Sprachkurs besser für den österreichischen Arbeitsmarkt qualifizieren möchte, muss also von etwa 390€ im Monat Leben (Bei Familien berechnet sich die Grundversorgung ein bisschen anders. Sie beläuft sich aber in jedem Fall unter 500€). Bei einer Inflation von rund elf Prozent ein Ding der Unmöglichkeit.

Moser schlägt hier ein neues Gesetz vor, ähnlich dem vor 26 Jahren. „Das Einfachste wäre eine Angleichung des Status der Ukraine-Vertriebenen an jenen anerkannter Flüchtlinge. So wäre am besten abgesichert, was es für ein selbständiges Leben in Österreich braucht: ein dauerhaftes Bleiberecht, Existenzsicherung, Zugang zu Gesundheitsversorgung, Kinderbetreuung, Bildung und Arbeit“. Das Mindeste aber sei, die Ukraine-Vertriebenen aus der so genannten Grundversorgung in die Sozialhilfe zu überführen: „Die Grundversorgung ist für Asylsuchende während des Verfahrens gedacht. Sie ist eine reine Basisversorgung. Keine Familie kann auf Dauer um 330 Euro wohnen. In der Grundversorgung gibt es immer noch verschiedene Begrenzungen beim Zuverdienst, das ist ein Hemmschuh für die Aufnahme von Erwerbsarbeit. Die Grundversorgung ist eine Art Warteposition. Nach einem Jahr Krieg können die Ukraine-Vertrieben nicht mehr warten. Wir brauchen jetzt eine Integrationsoffensive.“

Besondere Herausforderungen in der Integration

Die Diakonie Österreich betont außerdem, dass es sich bei der Integration von Ukrainern am Arbeitsmarkt um eine spezielle Situation handle. Die meisten Geflüchteten seien Frauen, oft mit kleinen Kindern, oder vulnerable Personen. Hier seien zusätzliche Maßnahmen zu setzten um einen Start ins Berufsleben zu ermöglichen.