Corona ist Medien-Kaiser

Fragwürdiger Sieg: Einer Erhebung der APA zufolge ist Covid-19 die medial präsenteste Krise der vergangenen 15 Jahre.


Allein am 27. März wurden 1.155 Beiträge zur Coronakrise in heimischen Medien gezählt (© congerdesign/pixabay)

Selten zuvor hat eine Ausnahmesituation so viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen wie aktuell die Coronakrise. Alleine in österreichischen Tageszeitungen sind seit dem Bekanntwerden der Erkrankung in China etwa 77.000 Beträge veröffentlicht worden, die sich mit der Pandemie auseinandersetzen. Diese ist damit die medial präsenteste Krise der vergangenen 15 Jahre. 

Zu diesem Schluss kommt APA-Comm, der Medienbeobachtungs- und Analyse-Spezialist der Austria Presse Agentur. Über einen Zeitraum von fünf Monaten – ab Beginn der jeweiligen Krisensituation – wurde die Medienpräsenz von Finanz-, Flüchtlings- und Coronakrise ausgewertet und miteinander verglichen. Analysiert wurde dafür die Berichterstattung von 15 österreichischen Tageszeitungen.

In den jeweils analysierten fünf Monaten in den Jahren 2008, 2015 und 2020 verzeichnete die Finanzkrise 13.914 Beiträge, die Flüchtlingskrise 36.841 und die Coronakrise 76.984. Covid-19 ist damit mehr als fünfmal so häufig in den heimischen Zeitungen präsent, als es die Finanzkrise 12 Jahre zuvor war und mehr als doppelt so stark wie das Flüchtlingsthema vor fünf Jahren.

Steile Aufwärtskurve

Anfang des Jahres 2020 finden sich in heimischen Tageszeitungen bereits einzelne Beiträge über eine Lungenkrankheit, die sich in der zentralchinesischen Millionenmetropole Wuhan verbreitet. Bis zu 750 Beiträge pro Woche wurden dazu veröffentlicht  – ein hoher Wert für ein Ereignis in 10.000 Kilometer Entfernung.

Mit dem Ausbruch in Norditalien verdreifachte sich das Aufkommen schlagartig auf über 2.400 Beiträge. Die ersten Covid-Fälle in Österreich brachten schließlich die Quote zum explodieren: In den ersten beiden Wochen des sogenannten Lockdown wurden mehr Beiträge zu Corona veröffentlicht als zur Finanzkrise in fünf Monaten. Allein am Freitag den 27. März, dem Tag mit dem bisher höchsten Beitragsaufkommen, zählte APA-Comm 1.155 Beiträge zur Coronakrise. 

Langsames Abflauen

„Nach Rückgängen im April stabilisiert sich der Output auf einem hohen Niveau“, beobachtet Manuel Kerzner, Medienanalyst bei APA-Comm. „Im Vergleich zu vorhergehenden Krisen fällt das Abflauen der Berichterstattung merklich schwächer aus.“ 

Die Analyse zeigt, dass neun Wochen nach Überschreiten des Höhepunkts sowohl 2015 bei der Flüchtlingskrise als auch 2008 bei der Finanzkrise das Beitragsaufkommen auf rund 60 Prozent der Höchstwerte zurückgegangen ist. In der Coronakrise liegt dieser Wert bei über 78 Prozent.