Quo vadis, Automobilindustrie?

2021 war laut Experten das schlechteste Autojahr seit 1984, die Prognosen für 2022 sind ebenfalls dürftig. Aber wie sieht die Zukunft des Fahrens aus? Mit Elektro, Wasserstoff oder gar nicht fahren? Auf Einladung der TU Wien diskutierten Experten über Trends und Status der Automobilindustrie.


Auto in einem Tunnel
Wohin geht die Reise? Nachhaltigkeit, Leistbarkeit, Politik & Fachkräfte – die Zukunft der Automobilindustrie ist von vielen Faktoren abhängig (© Dannysee/pixabay)

Die kürzlich veröffentlichten Verkaufszahlen der österreichischen Automobilhändler zeigen: Die Branche hat wenig Grund zur Freude. Schon 2020 wurde von Fachleuten als miserabel bezeichnet, 2021 soll das schlechteste Jahr für die Automobilindustrie seit 1984 gewesen sein:

Immer weniger private Neuzulassungen, steuerliche Erhöhungen, Covid-19, aber auch immense Importprobleme von wichtigen Zulieferteilen aus Asien sowie wirtschaftliche Abhängigkeiten sind nur einige der Probleme, mit denen die Sparte kämpft. Und auch 2022 weiterkämpfen wird. Dabei wäre die Nachfrage da – doch geliefert wird oft zu spät oder gar nicht.

Umweltfragen versus Leistbarkeit

Ein Problem scheint darin zu liegen, dass Angebot und Nachfrage häufig nicht matchen, sagt Wilfried Sihn, Professor an der TU Wien und Geschäftsführer der Fraunhofer AG: „Die Ziele der Hersteller und die Wunschfahrzeuge der Kundinnen und Kunden überschneiden sich mittlerweile nur mehr in seltenen Fällen.

Zulieferer seien mittlerweile mehr an der Verbauung ihrer Teile in E-Autos oder in teure Automodelle interessiert, für die sich die Nachfrage in Grenzen hält. Ein genauerer Blick auf die Verkaufszahlen bestätige das: Zwar stürzen sich Firmen auf E-Autos und alternative Kraftstoffe, nicht aber Privatpersonen.

Das bestätigt auch Klaus Schmid, Vorstand der BieM (Bundesinitiative eMobility Austria). Es genüge nicht, sich auf Umweltaspekte zu beziehen, so Schmid, auch wenn diese von primärer Bedeutung seien. Die Automobilindustrie müsse „auch soziale und wirtschaftliche Auswirkungen“ berücksichtigen. 

Kurz gesagt: Um die Umsätze zu steigern, müssen Fahrzeuge für Privatpersonen günstiger werden. Ebenso braucht es Antworten auf infrastrukturelle Fragen, etwa mehr Ladestationen.

Alternative Kraftstoffe: Diskussion politisch motiviert

Die Frage zur Zukunft der Mobilität kreist längst nicht nur um E-Autos. Neue Technologie und vor allem auch alternative und nachhaltig gehandelte Kraftstoffe – chemische wie Wasserstoff oder Kraftstoffe aus Biomasse – stehen zur Diskussion.

Die Automobilindustrie habe die diesbezügliche Entwicklung nur bedingt in der Hand: „Der Wandel, die Transformation in der Mobilität, und in der Automobilbranche im Speziellen, sind politisch motiviert“, hält Sihn fest. „Es waren nicht die Automanager:innen, die von heute auf morgen meinten, sie müssten E-Mobilität an die erste Stelle setzen als die einzige Lösung unserer Probleme.“

E-Autos seien grundsätzlich ein guter Weg, aber man muss diese Umstellung ganzheitlich betrachten. „Für die nächsten Jahrzehnte werden unterschiedliche Systeme nebeneinander existieren, Wasserstoff wird dann vor allem für Lkws und Busse zum Einsatz kommen, aber auch Diesel und Benzin werden weiterhin Thema bleiben. Da führt noch kein Weg daran vorbei“, ergänzt Sihn.

Kein Auto ohne Mensch

Auf dem Weg zur nachhaltigen Mobilität geht es nicht allein um eine technologische Transformation: auch hier spielt sich der viel zitierte „war for talents“ ab. Wie BieM-Vorstand Schmid betont, sindneue Kompetenzen gefragt – und diese Nachfrage werde auch weiter steigen.

Sihn wittert hier trotz fortschreitender Automatisierung einen Jobmotor für Österreich: „Österreichische Unternehmen sind für die Transformation gut aufgestellt, es braucht aber Unterstützung. Durch die Elektromobilität gibt es zusätzliches Beschäftigungspotential, dieses bedarf aber zusätzlicher Aus- und Weiterbildung. Beim Fachkräftemangel sowie bei Managementpositionen besteht Handlungsbedarf.“