Europa-Trendstudie: Politischer Wandel gewünscht

Eyes on Europe: Eine Europa-Trendstudie zeigt den großen Wunsch nach politischen Reformen und pessimistische Zukunftsaussichten.


Europa-Flagge im Wind
Nur 17 % der befragten Europäer glauben, dass die Welt in 10 Jahren eine bessere sein wird (© Christian Lue/Unsplash)

Wie hat sich Europa in den letzten 10 Jahren entwickelt? Diese Frage wurde im Rahmen einer – 2012 aus der Taufe gehobenen – groß angelegten Europa-Trendstudie des Online Research Institut Marketagent nun neuerlich beleuchtet. In 5.500 Netto-Interviews aus 11 europäischen Ländern wurde eine breite Palette an Lebensbereichen abgefragt, u. a. zu Lebenszufriedenheit, finanzieller Situation und Einstellung gegenüber nationaler und EU-Politik.

Laut Studie sind drei Viertel der Österreicher mit ihrem Leben derzeit sehr oder eher zufrieden (76 %). Im Europavergleich liegt dieser Wert gemeinsam mit der Schweiz im Spitzenfeld und deutlich über dem Durchschnitt von 65 %. Die Schlusslichter im Ranking sind Serbien (52 %) und Italien (56 %). „Wenn wir diese Daten nun mit den Ergebnissen von 2012 vergleichen, zeigt sich ein sehr differenziertes Bild“, erläutert Thomas Schwabl, Geschäftsführer von Marketagent. „Während in den östlichen europäischen Ländern die Lebenszufriedenheit in den letzten 10 Jahren stark gestiegen ist, sehen wir bei den westlichen Ländern einen klaren Rückgang.“

Ein Grund dafür dürfte in der persönlichen finanziellen Situation liegen. Diese konnte sich innerhalb der letzten Dekade im Schnitt um fast 10 % steigern. Die DACH-Region führt hier klar – rund 40 % bewerten ihre eigenen Finanzen als sehr oder eher gut. Im Vergleich zu 2012 ist die Situation hier stabil geblieben, während sich im Osten deutliche Verbesserungen zeigen.

Große Sorgen vor steigenden Lebenshaltungskosten

Dennoch machen sich viele Sorgen, ob das angesichts der steigenden Inflation so bleiben wird. Angetrieben durch zwei Jahre Pandemie und noch weiter befeuert durch den Krieg in der Ukraine liegen einem Großteil der Bürgerinnen und Bürger die stetig steigenden Lebenshaltungskosten schwer im Magen.

Das schlägt sich auch in den Studienergebnissen nieder: Drei Viertel der Befragten geben an, dass die Lebenshaltungskosten in ihrem Land im Vergleich zum letzten Jahr gestiegen sind (74 %). Und fast 8 von 10 gehen davon aus, dass sie in den nächsten 12 Monaten noch weiter steigen werden. „Hier muss man miteinrechnen, dass die Feldarbeit dieser Studie noch vor Kriegsbeginn in der Ukraine stattgefunden hat. Würden wir diese Frage heute noch einmal stellen, wären die Aussichten vermutlich sogar noch ein bisschen pessimistischer“, meint Schwabl.

Europa-Trendstudie zeigt Job-Optimismus  

Doch es gibt aus Sicht der Befragten auch positive Entwicklungen. Im Europaschnitt gibt rund jeder Fünfte (22 %) an, dass es aktuell sehr oder eher einfach ist, im eigenen Land einen Job zu bekommen. Zum Vergleich: 2012 waren es nur 7 %. Besonders optimistisch ist man diesbezüglich in Österreich: 4 von 10 erwarten sich hierzulande keine Probleme bei der Jobsuche.

Geringes Vertrauen in nationale Politik

Ein verheerendes Zeugnis stellen die Befragten ihrer jeweiligen nationalen Politik aus. Im Schnitt hat nur jeder Elfte (9 %) sehr oder eher großes Vertrauen in die Staatsführung im eigenen Land. Einzige Ausnahme: die Schweiz. Dort vertraut zumindest jeder Dritte der nationalen Politik.

Entsprechend groß ist der Wunsch nach politischen Reformen. 56 % sprechen sich klar für politischen Wandel aus. „Während die nationale Politik miserable Vertrauenswerte einfährt, darf sich die Europäische Union freuen. Sie konnte sich in der Wahrnehmung der befragten EU-Bürgerinnen und -Bürger in den letzten 10 Jahren etwas verbessern“, führt Thomas Schwabl weiter aus. Übrigens auch in Österreich. 43 % stehen der EU hierzulande sehr oder eher positiv gegenüber – im Vergleich dazu waren es 2012 nur 38 % (EU-Schnitt: 40 %).

Getrübter Ausblick in die Zukunft

Alles in allem sehen die befragten Europäer eher pessimistisch in die Zukunft: Nur 17 % glauben, dass die Welt in 10 Jahren eine bessere sein wird. Mehr als die Hälfte rechnet hingegen damit, dass es uns in der nächsten Dekade schlechter gehen wird. Und dabei herrschte zum Zeitpunkt der Datenerhebung noch Frieden in Europa.