Der Fachkräfte-Mangel ist durch Covid-19 keineswegs zurückgegangen – ganz im Gegenteil: „Der Jobmarkt boomt“, sagt Nikolai Dürhammer, Geschäftsführer des E-Recruiting-Portals StepStone Österreich. „Im Gegensatz zum Jahr davor haben die Lockdowns die geschäftliche Entwicklung österreichischer Unternehmen kaum mehr gebremst. Entsprechend spürbar ist jetzt der Fachkräftemangel.“
Im Rahmen des „Fachkräfteatlas 2021“ hat die Marktforschungsagentur Index Jobanzeigen in 22 Printmedien und 21 Jobbörsen in ganz Österreich ausgewertet. Das Ergebnis: Im Vorjahr waren rund 466.000 Jobs ausgeschrieben – das entspricht einem Plus von rund 35 % gegenüber dem Jahr 2020.
Wo Fachkräfte gesucht werden
Tatsächlich fehlten quer durch alle Berufsgruppen qualifizierte Fachkräfte: Am größten war die Nachfrage 2021 nach Personal in technischen Ausbildungsberufen, der IT sowie im Finanz- und Rechnungswesen:
- Technische Ausbildungsberufe und IT (jeweils rund 61.000 ausgeschriebene Jobs)
- Finanz- und Rechnungswesen (rund 48.000 ausgeschriebene Jobs)
- Vertrieb (rund 46.000 ausgeschriebene Jobs)
- Naturwissenschaften (rund 30.000 ausgeschriebene Jobs)
- Einzelhandel (rund 29.000 ausgeschriebene Jobs)
Enorm gestiegen ist 2021 die Nachfrage in den naturwissenschaftlichen Berufen sowie in Marketing und Werbung: Im Vergleich zum Jahr davor wurden in diesen Berufsgruppen jeweils mehr als 60 % mehr Jobs ausgeschrieben. Auch im Personalbereich (plus 55 % im Vergleich zu 2020) und Bauwesen (plus 51 %) wurden Fachkräfte händeringend gesucht, dicht gefolgt vom Vertrieb (plus 49 %) sowie Hotellerie und Gastgewerbe (plus 46 %).
Größter Stellenzuwachs in Wien
Im Bundesländervergleich zeigt sich, dass sowohl die meisten ausgeschriebenen Jobs als auch der größte Zuwachs in Wien zu verzeichnen sind – mit rund 144.000 Stellen wurden 2021 gleich um die Hälfte mehr Jobs ausgeschrieben als noch im Jahr davor. Mit rund 90.000 offenen Jobs (+42 %) liegt Oberösterreich in beiden Fällen aus Platz zwei.
Nach tatsächlich ausgeschriebenen Stellen folgen in der Reihung die Steiermark mit ca. 55.000 Jobs, Niederösterreich (rund 53.000) und Salzburg (rund 39.000). Den drittgrößten Zuwachs verzeichnete Vorarlberg (+35 %), auf dem vierten Rang liegt Salzburg (+34 %).
Lediglich im Burgenland wurden rund drei Prozent weniger Jobs ausgeschrieben als 2020.
„Arbeiterlosigkeit“: Jobmarkt verändert sich
„Der Arbeitermangel ist kein neues Phänomen, sondern ein Trend, der sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten fortsetzen wird – nicht zuletzt deshalb, weil die Bevölkerungsentwicklung immer weniger Fachkräfte auf den Arbeitsmarkt spült“, fasst Dürhammer zusammen. „Statt der Arbeitslosigkeit wird in Österreich daher die Arbeiterlosigkeit immer stärker zu spüren sein.“
Arbeitgeber, die Fachkräfte gewinnen wollen, müssten sich auf einen veränderten Markt einstellen: Nicht mehr Unternehmen diktieren die Bedingungen, sondern Arbeitnehmerinnen und -nehmer. Dürhammer: „Vor den Firmen steht niemand mehr Schlange, im Gegenteil: Arbeitgeber werden sich verstärkt um talentierte Nachwuchskräfte bemühen müssen – und deren Bedürfnisse ernst nehmen.“