Wer zum Meeting nach Berlin oder zur Konferenz nach Paris jettet, muss sich vor Etikette-Fehltritten nicht fürchten. Nicht mehr als sonst, zumindest. Leichte Sprachanpassungen wären vielleicht janz jut, aber sonst: pas de problème.
Ein Business-Trip in andere, fernere Länder kann hingegen zur Benimm-Herausforderung werden. Wir haben einige Tipps gesammelt, die verhindern, dass die Geschäftsreise zum Fettnäpfchen-Marathon mutiert.
Japan: Strikte Regeln, Pluspunkte für Bemühungen
In Japan beispielsweise lohnt es sich, ein paar Verhaltensregeln zu beherzigen, will man sich (Geschäfts-)Freunde machen. Und die sind mitunter recht konträr zum hiesigen guten Ton.
„Im japanischen Business-Leben gibt es unzählige Regeln und Fettnäpfchen, in die man treten kann – wobei Japaner bei Ausländern sehr nachsichtig sind“, berichtet die gebürtige Vorarlbergerin Nadja Drexel, Associate Consultant, Information Technology bei RGF Executive Search Japan. „Trotzdem wird es sehr geschätzt, wenn auch Ausländer sich Mühe geben, sich den grundlegenden Business-Regeln anzupassen. Deshalb macht es definitiv Sinn, sich vor einer Geschäftsreise nach Japan die Basis-Umgangsformen anzueignen.“
Der erste Eindruck
- Das akademische Viertel gilt hier nicht. Seien Sie bei Meetings oder Geschäftsessen unbedingt pünktlich (eher überpünktlich).
- Wer in der kalten Jahreszeit Jacke oder Mantel trägt: Bitte ausziehen und ordentlich über den Arm legen, noch bevor man das Gebäude bzw. die Rezeption betritt. Für Männer gilt: Anzug und Krawatte sind ein Muss! Die Anzugjacke ist außerdem bei Meetings anzulassen – auch im Sommer. Bei Frauen ist die Kleiderordnung etwas lockerer.
- Bitte nicht bekörpern! Eine (angedeutete) Verbeugung und ein natürliches Lächeln gelten als höfliche Begrüßung. Wenn man sich zum ersten Mal trifft, ist die Floskel „Hajimemashite“ (Nice to meet you) üblich, beim Wiedersehen nach längerer Zeit passt „Ohisashiburi desu“ (Long time no see). Händeschütteln ist hingegen eigentlich nicht üblich – wird aber gegenüber westlichen Geschäftspartnern dennoch oft praktiziert. Bussi-Bussi oder gar einen herzhaften Schlag auf die Schulter sollten Sie tunlichst vermeiden.
- Visitenkarten-Kult: Visitenkarten haben einen hohen Stellenwert in Japan. Nehmen Sie daher ruhig einen ordentlichen Vorrat mit. Nachdem sich das Gegenüber vorgestellt hat, nimmt man die Visitenkarte mit beiden (!) Händen entgegen und reicht die eigene dann ebenfalls mit beiden Händen, nennt seinen eigenen Namen und sagt „Yoroshiku Onegai Shimasu“ (eine Wendung, für die es kein richtiges deutsches Äquivalent gibt). Ebenfalls wichtig: Nachdem man die Visitenkarte seines Gesprächspartners erhalten hat, sollte man sie wertschätzen(interessiert begutachten, evtl. eine Frage dazu stellen). Wer das Kärtchen bekritzelt, gleich wegpackt oder nonchalant in die Gesäßtasche steckt, hat benimmmäßig die Arschkarte gezogen.
Im Meeting
- Die Sitzordnung ist in Japan meist hierarchisch festgelegt – je unbedeutender, desto weiter entfernt sitzt man von der ranghöchsten Person. Legen Sie die erhaltenen Visitenkarten (s.o.) fein säuberlich aufgereiht vor sich auf den Tisch und packen Sie sie erst am Ende des Meetings ein.
- Wenn das Gegenüber am Wort ist, hören Sie höflich zu und geben Sie durch Nicken, Ja-Sagen o.ä. kund, dass Sie aufmerksam sind. Sprechpausen signalisieren: man nimmt den anderen ernst.
- Der Umkehrschluss: Ein „Nein“ werden Sie in Japan eher selten hören; es wird meist umschrieben. Dagegen wird oft genickt und „ja“ gesagt. Aber Vorsicht: Geste wie auch Wort werden hier inflationär verwendet und signalisieren nicht zwangsläufig Zustimmung, sondern einfach, dass zugehört wird. Freuen Sie sich in Verhandlungen also lieber nicht zu früh.
- Mit der Meinung hinterm Berg halten: Sollten Sie einem Geschäftspartner nicht zustimmen, teilen Sie Ihre Ansicht nicht frontal mit. Zollen Sie seiner Meinung durch Nicken Respekt (auch wenn sie totaler Blödsinn ist). Hier gilt: Europäische Direktheit ist unerwünscht. Lieber einmal mehr um den heißen Brei herumreden, bis man seinen Standpunkt darlegen kann. Wenn Sie die Meinung Ihres Gegenübers als falsch markieren, könnte er sein Gesicht vor Mitarbeitern, Kollegen und rangniederen Personen verlieren – und dann haben auch Sie verloren.
Essen & Trinken
- Ehrliche Meinungen und Diskussionen sind (s.o.) zwar in Geschäftsterminen nicht gefragt, dafür ist es durchaus üblich, sich nach der Arbeit bei einem (oder mehreren) Gläschen offen auszutauschen.
- Falls man mit Geschäftspartnern etwas trinken geht, sollte man seinem Gegenüber einschenken und sich im Gegenzug einschenken lassen. Bleiben Sie auch danach aufmerksam, ob sich ein Glas leert und schenken oder bestellen Sie nach.
- Bei Tisch kann es mitunter recht laut zugehen. Denn was bei uns ein absoluter Fauxpas ist, gilt in Japan als Kompliment an den Koch: hörbares Schlürfen. Den appetitlichen Umgang mit Stäbchen kann man durchaus vorab üben, wenn man sich nicht blamieren möchte. Auch für Versierte gilt: Fuchteln Sie nicht mit den Stäbchen herum und vermeiden Sie, diese senkrecht in die Speisen oder eine Reisschüssel zu stecken – diese Geste ist in Japan nämlich bei Beerdigungen üblich.
Taschentuch tabu, Smartphone juhu?
- Ein wenig zwiespältig – und im Grunde konträr zu unserem Alltagsverhalten – ist der Umgang mit Mobiltelefonen: Während in Meetings Smartphones oft einfach auf dem Tisch liegen und Gespräche durchaus auch mittendrin angenommen werden, sollte man im öffentlichen Raum nach Möglichkeit einen Raum verlassen oder zumindest hinter vorgehaltener Hand möglichst leise telefonieren.
- Sie hassen es, wenn neben Ihnen jemand permanent seine Schnupfennase hochzieht und drängen ihm oder ihr spätestens nach drei Minuten ein Taschentuch auf? Auch hier gilt in Japan das genaue Gegenteil: Schnäuzen in der Öffentlichkeit gilt als unhöflich. Ebenso, jemandem ein Tempo anzubieten, der hörbar herumrotzt.