Parkplatzfallen? Das sind schlecht beschilderte Privatflächen, wie etwa verlassene Tankstellen, auf die sich Autofahrer:innen leicht „verirren“ können. Die Folge hiervon kommt wenige Wochen später mit der Post: Klage wegen Besitzstörung. Ein vermeintlicher „Ausweg“ wird allerdings auch geboten: Zahlt man einen Pauschalbetrag, so gibt es keinen Prozess.
Laut Landesgericht 2.869 Besitzstörungsklagen 2023 in Wien
Eine solch hohe Zahl an Besitzstörungsklagen lässt laut Stefan Schleicher, Vorstand beim Prozesskostenfinazierer Jufina, ein Geschäftsmodell dahinter vermuten. Die Dunkelziffer dürfte noch höher sein, als die Angabe durch das Landesgericht Wien. Denn jene Personen, die den „Ausweg“ wählen und einen Pauschalbetrag zahlen, scheinen in jener Statistik nicht auf.
Schleicher hat einen konkreten Vorschlag, wie man ein solches Vorgehen und das Geschäftsmodell Parkplatzfalle unrentabel machen kann: Man verlagert die Besitzstörungsklage in das Außerstreitrecht.
Außerstreitrecht im Kampf gegen Parkplatzfallen
Eine Änderung in diesem Sinne würde eine freie Entscheidung der Gerichte ermöglichen, wer die Verfahrenskosten zu tragen hat. Selbst bei einem Schuldspruch wäre dies dann der Fall. Sie würden dann abwägen, in welchem Interesse die Kläger:innen den Prozess führen. Laut Schleicher von Jufina bewährt sich dieses Prozedere bereits bei Prozessen aufgrund von überhöhten Mieten im Altbau.
Das Geschäftsmodell Parkplatzfallen
Eine Fläche, auf die sich Autofahrer:innen leicht verirren können, wird erworben oder angemietet. Sobald jemand auf diesen Privatgrund fährt, kommt es zu der Drohung einer Besitzstörungsklage. Bei einem Prozess mit Schuldspruch muss man die Kosten des Verfahrens tragen, welche sich zumeist auf eine Summe von 700 bis 900 Euro belaufen.
Zudem werden den Opfern manchmal ÖAMTC-Mails in geschwärzter Form mitgeschickt, welche zusätzlichen Druck ausüben sollen. Diese Dokumente raten scheinbar von Gegenwehr ab.
Im Schreiben wird allerdings auch eine „günstigere“ Option geboten: Bei der Zahlung eines Pauschalbetrags von zumeist 400 Euro und der Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung, wird von einer Klage abgesehen. Laut Schleicher, ist das der Umsatz der Steller der Parkplatzfallen.
Unabhängig von der rechtlichen Frage, ob eine echte Besitzstörung vorliegt, gehen viele Kläger hier skrupellos vor. Mit einem legitimen Schutz gegen Störungen hat das oft nichts mehr zu tun.
Stefan Schleicher, Vorstand beim Prozesskostenfinanzierer Jufina
Eine Option zur Problemlösung: Gerechte Aufteilung der Kosten des Verfahrens
Das System kann nur deswegen als Geschäftsmodell funktionieren, weil die Kläger sicher sein können, bei einem gewonnenen Prozess kostenfrei hinauszugehen. Denn aktuell spielt es für das Gericht keine Rolle, ob dabei zwielichtige Methoden oder ein Profitinteresse erkennbar sind.
Stefan Schleicher, Vorstand beim Prozesskostenfinanzierer Jufina
Schleicher schlägt daher das Außerstreitrecht für Besitzstörungsklagen vor. Die Gerichte hätten somit die Option, die Kosten des Verfahrens zwischen den Parteien aufzuteilen. Hierbei können einige Faktoren eine Rolle spielen, unter anderem, ob die Fläche gut als Privatfläche erkennbar war.
Selbstverständlich ist es wichtig, dass man den eigenen Besitz gegen Störungen schützen kann. Doch die Massen-Abmahnungen und der ausgeübte Druck bei ‚Parkplatzfallen‘ sollten sich nicht mehr auszahlen. Wenn die ‚Fallensteller‘ bei jedem Ausgang mit Verfahrenskosten rechnen müssten, rentiert sich das mutmaßliche Geschäftsmodell schlicht nicht mehr. Dann würden es viele dieser Kläger womöglich gar nicht erst versuchen. Das würde schlussendlich auch unsere Gerichte entlasten, die sich derzeit mit vielen solcher Fälle befassen müssen.
Stefan Schleicher, Vorstand beim Prozesskostenfinanzierer Jufina
Für die Verlagerung der Besitzstörungsklage in das Außerstreitrecht liegt die Zuständigkeit beim Justizministerium.
SZ