Energiekrise als Wirtschaftsbremse

Der sprunghafte Anstieg bei Öl- und Erdgaspreisen belastet die wirtschaftliche Erholung, analysiert die Bank Gutmann. Neben der Energiekrise bleiben auch Lieferengpässe ein Problem.


Ein Frachtenbahnhof
Novemberblues? Lieferengpässe bleiben neben den Energiepreisen ein Sorgenkind der globalen Wirtschaft (© iStock.com/Philipp Berezhnoy)

Dank der laufenden Erholung der Weltwirtschaft kannten die Energiepreise seit Jahresanfang bisher nur eine Richtung: nach oben“, zieht die österreichische Privatbank Gutmann Resümee. So habe sich der Ölpreis der Nordseesorte Brent um rund 66 Prozent verteuert, bei Erdgas ist der Sprung noch größer. Die Entwicklung verdient offenbar bereits den Titel Energiekrise:

Nach dem pandemiebedingten Einbruch der Wirtschaft sei die anschließende Erholung falsch eingeschätzt worden, meinen die Experten: Die Energienachfrage stieg stärker als angenommen, das Angebot konnte aber nicht rasch genug wieder ausgeweitet werden. Der raue europäische Winter 2020/21 führte außerdem zu einem höheren Verbrauch, eine geringere Produktion von Windstrom machte den verstärkten Einsatz von Gaskraftwerken nötig. In Europa leerte das die Erdgaslager und auch am Ölmarkt gibt es zu wenig Angebot.

In China komme ein anderer Faktor hinzu: Dort reduzierte die Regierung aus politischen Gründen massiv den Import australischer Kohle, was zu Versorgungsengpässen der Kraftwerke und in Folge zu steigenden Energiepreisen führte. Es werde noch einige Zeit dauern, bis sich die Lage beruhigt, heißt es von der Bank Gutmann. Der beschleunigte Strukturwandel der Energiewirtschaft durch den Ausstieg aus der Kohleverstromung erhöhe zusätzlich in vielen Ländern den Bedarf an anderen Energieträgern und setze besonders den Gasmarkt unter Druck.

Lieferengpässe als Inflationstreiber

Obwohl die derzeitige Inflationsentwicklung sehr „energielastig“ sei, tragen praktisch alle Gütergruppen zu dieser Entwicklung bei. Lieferkettenprobleme führen zu heftigen Reaktionen bei Preisen und Mengen – Logistiker bezeichnen die derzeitige Situation als „Bullwhip- oder Peitscheneffekt“.

Ein Beispiel dafür: Die Nachfrage steigt um 10 Prozent, die Einzelhändler ordern bei ihren Lieferanten jedoch gleich um 20 Prozent mehr. Diese bestellen wiederum 40 Prozent beim Hersteller. Dank der lebhaften Nachfrage werde es den meisten Unternehmen möglich sein, einen Großteil der höheren Produktionskosten an die Verbraucher weiterzugeben, sagen die Analysten. Der Kaufkraftverlust werde nicht spurlos am privaten Konsum vorbeigehen.

Kurzfristiger Ausblick dennoch optimistisch

Energiekrise, Peitscheneffekt, Kaufkraftverlust: Kein besonders positives Bild, das hier gezeichnet wird. Und dennoch: „Der kurzfristige Ausblick für die Wirtschaft ist aus unserer Sicht nach wie vor gut“, heißt es von der heimischen Privatbank. Die großen Notenbanken wie Fed und EZB haben bislang nicht auf die Entwicklung reagiert – deren nächste Schritte werde man im Auge behalten.

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