Von der aktuellen Corona-Krise wurden wir alle überrascht. Der Blick in die Zukunft ist ein ungewisser. Doch eines haben uns die letzten Wochen gezeigt: Unternehmerinnen und Unternehmer sind kreativ im Umgang mit den großen Herausforderungen. Jede Krise bringt auch Chancen mit sich. Was wie ein abgenützter Coaching-Stehsatz klingt, wurde von Unternehmerinnen und Unternehmern in den letzten Wochen mehrfach bewiesen. Einige dieser Helden wollen wir in einer Spezialserie vor den Vorhang holen, um auch andere Unternehmen zu ermutigen und zu inspirieren.
Mit Gutscheinen gegen die Krise
So rasch wie die Fälle von Corona-Erkrankten angestiegen sind, so plötzlich mussten Mitte März unzählige Geschäfte und Unternehmen ihre Angebote und Dienstleistungen bis auf Weiteres einstellen. Nur lebensnotwendige Versorger dürfen ihre Tore offenhalten.
Die Initiatoren der Plattform zusammen-leiwand.at, Sascha Manhart (30) und Stefanie Kurzweil (31), hatten rasch ein Gegenmittel parat. Ihre Lösung: Auf der Webseite können sich Einzelunternehmer und kleine Firmen, die von erlassenen Maßnahmen der Bundesregierung betroffen sind, eintragen und Gutscheine verkaufen. Die hunderttausenden EPUs und KMUs in Österreich trifft die Krise besonders hart. Durch den Verkauf von Gutscheinen soll Geld in die Kassen gespült werden, die Ware wird später eingelöst. Manhart und Kurzweil sind beide in der Marketing- bzw. Kommunikationsbranche selbstständig und erfahren die Sorgen und Nöte der betroffenen Unternehmen daher aus erster Hand.
Wir haben Stefanie Kurzweil zum virtuellen Interview getroffen und mit ihr über die Entstehungsschichte sowie den Erfolg gesprochen:
Kannst du von dem Moment erzählen, wo euch die Idee zur Plattform Zusammen Leiwand gekommen ist? Ihr habt ja rasch reagiert und die Situation erkannt.
Die Idee zur Plattform zusammen-leiwand.at hatte Sascha Manhart, den ich noch von seiner Zeit bei Conda (Anmerkung: eine Crowdinvesting Plattform) kenne. Konkret wurde die Vision einer Gutschein-Plattform bei ihm eigentlich gleich nach der Verkündung der Geschäftsschließungen. Um genau zu sein, um den 13. März herum, denn am 14. März hat er mich bereits angeschrieben und gefragt, ob ich mit an Bord sein möchte. Mir war zu dem Zeitpunkt auch klar, dass ich aktiv werden möchte. Ich hatte wenige Tage zuvor schon die Petition zur Rettung der EPUs und Kunst- und Kulturschaffenden mitinitiiert und wollte noch mehr beitragen. Traurig, aber wahr: Meine eigenen Kapazitäten sind ebenfalls durch die aktuelle Krisensituation ungenutzt und bevor ich zu Hause Däumchen drehe, dann doch lieber etwas machen, das anderen Unternehmerinnen und Unternehmern hilft. Sowohl Sascha als auch mir war klar: Wenn wir die heimischen Unternehmen nicht unterstützen, ist das eine Bankrotterklärung – an die Solidarität und an die österreichische Wirtschaft, denn die wird von den EPUs und KMUs getragen.
Wie viele Unternehmen sind mittlerweile registriert? Wie viele sind noch in der Pipeline, um auf die Plattform zu kommen?
Aktuell haben wir 1.120 Unternehmen auf der Website und täglich werden es mehr. Unser Fokus liegt auf all denen, die ihre – meist – Dienstleistungen nicht über einen Webshop anbieten können: Der Friseur des Vertrauens, das Lieblings-Café oder die Physiotherapeutin. Wir bekommen tagtäglich neben hunderten Anfragen auch die tollsten Rückmeldungen, Danksagungen und Einladungen für „die Zeit danach“. Die Unternehmen wissen, dass wir das ehrenamtlich machen und die Resonanz ist sensationell.
Welcher Wert an Gutscheinen hat sich mittlerweile über eure Plattform verkauft?
Die gesamte Summe an vermittelten Gutscheinen – wir vermitteln tatsächlich nur den Kontakt zwischen Unternehmen und Konsument – beläuft sich auf rund 50.000 EUR. Natürlich ist der durchschnittliche Wert je nach Unternehmen unterschiedlich. Bei Kaffemik (Anmerkung: u. a. Anbieter von Kaffeeröstungen) ist die Summe des Gutscheins in der Regel geringer als beim SK Rapid – um nur zwei Beispiele aus den registrierten Unternehmen zu nennen.
Stellt die aktuelle Situation einen Schicksalsmoment dar, der Mitmenschlichkeit, Unterstützung und Solidarität langfristig stärker in unserer Gesellschaft verankern könnte?
Die aktuelle Situation führt uns mehrere Dinge vor Augen: Jede/r kennt jemanden, der/die durch die wirtschaftlichen Maßnahmen betroffen ist. Ebenso jemanden, der/die gesundheitlich betroffen ist. Durch die persönliche Betroffenheit erhält die aktuelle Gefahr eine ganz andere Dimension als etwa eine abstrakte Finanzkrise, die die Aktienmärkte betrifft. Uns wird – und da nehmen wir uns gar nicht aus – klar, dass wir nur als Gesamtheit etwas bewegen können. Umso wichtiger sind die mittlerweile unzähligen Initiativen, die bereits entstanden sind oder gerade entstehen. Die Solidarität, die wir erleben basiert eben auf der persönlichen Betroffenheit und wir hoffen, dass Zukunftsforscher wie Matthias Horx mit seiner Rückwärts-Prognose recht behält und diese Solidarität sich auch nach Corona hält. Wir jedenfalls glauben, dass wir es hier mit einem Ereignis zu tun haben, dass groß genug ist, den Paradigmenwechsel herbeizuführen.
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