Menschen zu bewegen ist mehr als Kommunikation

Philipp Maderthaner, Geschäftsführer des Campaigning Bureaus, über die aktuellen Herausforderungen von Kampagnen im Digitalen Zeitalter.


Mobilisation geschieht an der Schnittstelle von Technologie, Kommunikation und Verhaltensökonomik. © Jason Rosewell/Unsplash

Philipp Maderthaner, Chef des Campaigning Bureaus, hat sein Handwerk gelernt. Politische Organisationen spannen die Wiener Agentur regelmäßig ein. Bei einem Vortrag im Start-up-Hub weXelerate erzählt er über die aktuellen Herausforderungen von Kampagnen im Digitalen Zeitalter. Wir waren dabei und zeigen die Highlights des Talks auf.

Transformation äußert sich oft in technologischen Fragen. Technologien sind jedoch nicht ausschlaggebende Kraft, Menschen zu aktivieren. Jedes Jahr strömen diverse Buzzwords durch die Kommunikationsabteilungen. Doch mobilisieren hat wenig mit diesen neuen, „modischen“ Begriffen zu tun, so Philipp Maderthaner, Geschäftsführer des Campaigning Bureaus kürzlich beim PRVA Round Table. Thema der Runde: Transformation der Technologien – vom Zaungast zur Leitdisziplin des digitalen Wandels der Kommunikation.

Richtiges Mindset führt zum Erfolg

Mobilisation wirkt am Schnittpunkt von Technologie, Kommunikation, Organisationstheorie und Verhaltensökonomik, so Maderthaner weiter. Die meisten Kommunikatoren würden am Mindset scheitern, nicht an der Technologie. Man muss verstehen, was Menschen antreibt.

Maderthaners Thesen für Erfolg klingen einfach: 

1. Mitmachen im Wandel

Menschen wollen Teil von etwas Großem sein, aber anfangs wenig dafür tun. Dieser Umstand hat Auswirkungen auf die Kommunikation, wie man auf Menschen zugeht und einen ersten Anker setzt.
Maderthaner gibt ein illustratives Beispiel: Das Rote Kreuz suchte dringend bereitwillige Leute – die Bereitschaft zum Blutspenden auf die Frage „Wollen Sie Blutspenden?“ war aber gering. Ein bis zwei Prozent blieben stehen, denn Menschen tendieren dazu, Komplexität erstmal abzulehnen.
Blut spenden ist ein komplexer Prozess: Was passiert hier? Wie lange dauert es? Wie geht es mir danach? Fragen, die vielen beim Ansprechen auf der Straße erstmal durch den Kopf schießen.

In einer modifizierten Aktion wurde die Frage variiert und ein niedriger Entry-Point ohne Abwehr gewählt: „Entschuldigen Sie, Sie wissen, Blutspenden ist wichtig. Können wir im Ernstfall auf Sie zählen?“ 90 Prozent bestätigten dies und hinterließen Kontaktdaten. In einem 13-stufigen Prozess wurde die Kommunikation dann langsam aufgebaut. Die Menschen wurden informiert und überzeugt. Mit dieser Vorgehensweise konnte der Output um 50 Prozent gesteigert werden.

Niederschwelligkeit sei das Gebot der Stunde plädiert Maderthaner. Besser einen Fuß in der Tür haben anstatt mit der Tür ins Haus fallen.

2. Smarter Zugang zu Daten

Durch Interaktionsfelder mit der Dialoggruppe Daten zu sammeln und diese auch smart zu verwerten, sei ein weiteres Gebot unserer Zeit, ergänzt der Campaigning Bureau-Chef. Über sechs Millionen Datenpunkte sammelte die Agentur im letzten Wahlkampf 2017 für eine österreichische Partei und setzte diese für den weiteren Kampagnenverlauf ein. Jede erarbeitete Botschaft sollte in ein Testing geschickt werden, um schließlich das beste Wording in der Kampagne zu verwenden. Die Anzahl der Unterstützer und Interaktionen ist dabei ausschlaggebend, um die beste Formulierung zu wählen. Das kann zum Beispiel bei einem Fundraising-Aufruf via E-Mail die Höhe der Spenden stark beeinflussen.

3. Action Trigger

Ein weiteres gutes Beispiel, das Maderthaner nennt, zeigt wieder die Verkoppelung von Kommunikationstheorie und Verhaltensökonomik auf, wenn es darum geht, Menschen zu bewegen. Eine amerikanische Firma setzte unterschiedlich gestaltetet Action Trigger auf Türschilder. Sie wollte Menschen dazu ermutigen, Energie zu sparen und die Klimaanlage zeitweise abzudrehen.

Aufforderungen wie „Save Money!“, „Save the Planet!“ oder „Be a good Citizen!“ erzielten kaum Wirkung. Einzig der Action Trigger „Your Neighbours do better!“ bewegte die Menschen, der Botschaft zu folgen und den Gebrauch der Klimaanlage zu reduzieren. Der Blick in die Lehrbücher der Verhaltensökonomik lohnt sich also!

Das Resumée bleibt einmal mehr: Wenn Unternehmen oder Institutionen Menschen mobilisieren möchten, ist mehr als der Einsatz von Technologien gefragt. Der Spagat aus digitalen Tools, Kommunikation und Verhaltenstheorie macht’s aus! Und vielleicht auch ein Anklopfen bei Experten.