Die von der Bundesregierung im Frühjahr angekündigten Maßnahmen zur Belebung des Wohnungsbaus zeigen bisher keine nennenswerten Erfolge. Laut der Initiative „Mehr Zuhaus’ in Österreich!“ droht ein „Desaster“ für die Bevölkerung und den Wirtschaftsstandort, wenn sich die Politik in die Sommerpause verabschiedet, ohne konkrete Maßnahmen gegen die Wohnbaukrise umzusetzen.
Alarmierende Prognosen für die Bauwirtschaft
Bereits im Vorjahr wiesen führende Vertreter der Bauwirtschaft und Baustoffindustrie auf einen massiven Auftragseinbruch im Wohnbau hin. Diese Entwicklung wird mittelfristig zu Wohnraumnot führen und gefährdet Arbeitsplätze in der Bauwirtschaft. Zu den vorgeschlagenen Lösungen gehören die Aufstockung der Wohnbauförderung, steuerliche Anreize für Wohnbau-Investitionen, mehr Neubauprojekte, eine Lockerung der KIM-Richtlinie und Bürokratieabbau bei der Bauförderung.
Obwohl die Bundesregierung ein Wohnbaupaket präsentierte, das diese Forderungen teilweise aufnahm und von der Branche begrüßt wurde, mangelt es an konkreten Umsetzungsplänen. Die Verhandlungen zwischen Ländern und Ministerien ziehen sich hin, und in den Bundesländern stehen zahlreiche Projekte still. Torsten Kreft, Geschäftsleiter von hagebau Österreich, betont: „Die Politik muss endlich ins Handeln kommen und den Bau von leistbarem Wohnraum ankurbeln.“ Weitere Studien bestätigen die alarmierenden Prognosen der Bauwirtschaft.
Rückgang der Bauaktivität und steigender Wohnraumbedarf
Laut Statistik Austria sanken die Baubewilligungen für Wohneinheiten 2023 auf den tiefsten Stand seit 18 Jahren. Im europäischen Vergleich verzeichnete Österreich den zweitstärksten Rückgang bei bewilligter Baufläche für Wohnraum. Die Prognosen des Beraternetzwerks Kreutzer Fischer und Partner erwarten einen weiteren Rückgang der Bauaktivität bis 2025. Der leichte Anstieg der Baubewilligungen im nächsten Jahr wird sich erst ab 2026 positiv auswirken, während der Bedarf an Wohnraum aufgrund der wachsenden Bevölkerung kontinuierlich steigt.
Die Beschäftigung in der Baubranche ging im ersten Quartal 2024 im Vergleich zum Vorjahr um drei Prozent zurück, während die Gesamtbeschäftigung leicht zunahm. Diese Entwicklung verstärkt den Druck auf die Politik, schnell zu handeln.
Drohendes „verlorenes Jahr“ für den Wohnbau
Dr. Gunther Sames, Geschäftsführer von ARDEX Österreich, warnt: „Maßnahmen gegen die Wohnbaukrise waren schon zu Jahresbeginn überfällig, jetzt ist es fast zu spät. Die Hauptbauzeit haben wir bereits versäumt. Weitere Verzögerungen bedeuten ein verlorenes Jahr für den Wohnbau.“
Bisher wurden konkrete Maßnahmen zur Umsetzung des Wohnbaupakets nur in einzelnen Bundesländern wie der Steiermark und Kärnten ergriffen. Andere Länder kritisieren die Ausgestaltung des Pakets oder sehen sich aktuell außer Stande, die vorgesehenen Kriterien zu erfüllen. Oberösterreich setzt daher auf eigene Wohnbau-Programme. Insgesamt bleibt das Wohnbaupaket der Bundesregierung bisher ohne nennenswerte Wirkung auf die Bautätigkeit.
Branchenvertreter: „Keine Zeit für baupolitische Sommerpause“
Neben der Initiative „Mehr Zuhaus‘ in Österreich!“ warnen inzwischen weitere Organisationen wie der WKO-Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder sowie die Vereinigung Österreichischer Projektentwickler (VÖPE) warnen vor den Auswirkungen der Wohnbaukrise.
Georg Bursik, Geschäftsführer von Baumit Österreich, mahnt: „Für Sommerferien ist keine Zeit. Wir werden unsere Arbeit fortsetzen und trotz der politischen Sommerpause weiterhin das Gespräch suchen. Wenn die Politik jetzt nicht handelt und den Wohnbau endlich wirksam ankurbelt, droht ein Desaster für die österreichische Wohnbevölkerung, den Arbeitsmarkt und den Wirtschaftsstandort.“