Frauen in Führungspositionen: Warum unsere Wirtschaft davon profitiert

Seit Jahren führen unterschiedliche Einrichtungen, wie die Arbeiterkammer oder das Bundeskanzleramt, Erhebungen zur Darstellung des weiblichen Anteils in der österreichischen Arbeitswelt durch. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen ziehen alle dasselbe Fazit: Nach wie vor fehlt es an weiblichen Führungskräften. Um gegen dieses Ungleichgewicht anzukämpfen, setzen immer mehr Unternehmen und Behörden auf weibliche Stellvertreterinnen. So teilte auch die Grüne Wirtschaft der Wirtschaftskammer Wien mit, dass der Verband in Zukunft auf die weibliche Obmannstellvertreterin Martina „Bobby“ Herrmann-Thurner setzen werde.


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Die seit 2005 von der Arbeiterkammer (AK) durchgeführte Erhebung „Frauen.Management.Report“, zur Darstellung des weiblichen Anteils in Geschäftsführungen und Aufsichtsräten der 200 größten Unternehmen Österreichs, bestätigt auch heuer: Nach wie vor sind zu wenige Frauen in Führungspositionen vertreten. Im vergangenen Jahr machten Frauen in der Geschäftsführung der analysierten Unternehmen gerade mal 8,9 Prozent aus. Der Anteil in den Aufsichtsräten ist zwar in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, dennoch waren Frauen 2022 zu 24,7 Prozent vertreten. In den börsennotierten Unternehmen liegt der Anteil bei knapp 30 Prozent.

Nationale Quotenregelung als Lösung: Österreich im EU-Vergleich

EU-weit liegt Österreich mit diesen Quoten im Mittelfeld. Jedoch reguliert in acht von zwölf Ländern eine national verpflichtende Quotenregelung den Frauenanteil in den Aufsichts- und Verwaltungsräten. Der EU-Schnitt stieg von 15,8 Prozent im Jahr 2012 in den letzten zehn Jahren auf 32,2 Prozent. Größtenteils geht dieser Zuwachs jedoch auf das Konto der Länder mit einer verpflichtenden Frauenquote, wie Italien, Belgien, Portugal, Spanien, Österreich, Frankreich, die Niederlande und Deutschland.

Mit Irland, dem Vereinigten Königreich, Dänemark und der Slowakei verfügen nur vier Länder ohne verbindliche Quotenregelung über einen überdurchschnittlichen Anstieg beim Frauenanteil in Aufsichts-und Verwaltungsräten. Die drei einzigen Länder, die trotz Quotenregelung unter dem Durchschnitt liegen, sind überraschenderweise Norwegen mit einem Verlust von 0,5 Prozent. Hier ist jedoch anzumerken, dass die Quotenregelung bereits seit 2006 in Kraft ist und bereits 2012 ein Frauenanteil von 43,7 Prozent erbracht wurde. Island als auch Griechenland konnte, ihre national festgelegten Quoten nicht einhalten.

© Frauen.Management.Report 2023: Anstieg des Frauenanteils in Europa von 2011 bis 2022 (in Prozent)

Wissenschaftliche Studien belegen: Die Wirtschaft profitiert von Frauen in Führungsrollen

Im September 2022 wurde die Studie „Frauen in Führungspositionen. Aktuelle Analyse zu Repräsentation und Rahmenbedingungen“ vom Economica Institut für Wirtschaftsforschung im Auftrag des Bundeskanzleramts, Sektion für Frauen und Gleichstellung, durchgeführt. Diese kommt zu dem Ergebnis, dass gemischt-geschlechtlich geführte Teams wirtschaftlich rentabler sind als rein männlich geführte Teams. Während Frauen bereits 47 Prozent der Erwerbstätigen ausmachen, bilden sie unter den Führungspositionen mit knapp 33 Prozent nach wie vor eine Minderheit. Dennoch, der Anteil an Frauen in Wirtschaft und Politik ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen – ein wichtiges Zeichen für die Zukunft.
 
Die Studie führte auch eine Erhebung zu den positiven Auswirkungen von gemischt-geschlechtlichen Führungsteams durch. Das Ergebnis: Startups mit weiblichen oder gemischt-geschlechtlichen Gründungsteams stellen eine bessere wirtschaftliche Entwicklung dar als rein männlich geführte Teams. Des weiteren kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass sich von Frauen gegründete Teams mit männlichen Kapitalgebern finanziell schlechter entwickeln als bei Investorinnen und/oder gemischt-geschlechtlichen Kapitalgeberinnen und Kapitalgebern. Darüberhinaus legen weiblich oder gemischt-besetzte Gremien einen stärkeren Fokus auf die Unternehmenskultur, Work-Life-Balance und Zufriedenheit der Beschäftigten. Laut der Studie reagieren gemischt-geschlechtlich geführte Teams sensibler auf Trends und passen dementsprechend auch ihre Unternehmensstrategie besser an.
 

Wirtschaftskammer Wien: „Starke weibliche Vertretung in PR- und Werbebranche notwendig“

Die Grüne Wirtschaft der Wirtschaftskammer Wien scheint dies verstanden zu haben und setzt in Zukunft auf eine weibliche Führung. Bobby Herrmann-Thurner, PR-Beraterin, Bloggerin und Plus-Size-Aktivistin, löst den Obmannstellvertreter Marco Schreuder nach sechs Jahren ab.
 
Dieser Schritt scheint längst überfällig, denn beinahe die Hälfte der Branchenmitglieder sind weiblich. „Diversität ist mir ein echtes Anliegen. In den letzten Jahren habe ich mich immer mehr darüber geärgert, dass an der Spitze der Fachgruppe ausschließlich Männer sitzen, denn die Werbe- und PR-Branche braucht eine starke weibliche Vertretung. Daher übergebe ich meine Funktion ab sofort an Bobby Herrmann-Thurner“, so Schreuder. Er selbst ist in Zukunft als Mandatar in der Fachgruppe vertreten.
 
Herrmann-Thurner ist seit 2018 Mandatarin der grünen Wirtschaft, zu ihrer neuen Position: „Zur Grünen Wirtschaft bin ich ursprünglich gekommen, weil in meinen Augen zu wenig für Digital Creatives getan wird. Blogger:innen und Influencer:innen haben kaum eine Vertretung. Die Grüne Wirtschaft ermöglichte mir den Sprung in den Ausschuss der WK Wien, wo ich jetzt mit großer Freude die Funktion als Obmannstellvertreterin übernehme.“

Motivation für andere Frauen

Herrmann-Thurner will diesen Schritt auch als Motivation für die große Zahl der Frauen in der PR- und Werbebranche Wiens verstanden wissen. Als Expertin für Diversität und Awareness in Werbung und Kommunikation will sie diesen Themen noch mehr Gewicht verleihen und gleichzeitig die Zukunftsthemen der Grünen Wirtschaft vorantreiben. „In der Klimafrage müssen wir Verantwortung übernehmen und vorleben, wie Nachhaltigkeit auch wirtschaftlich funktioniert – von Arbeitsplatz bis Werbung“, betont Herrmann-Thurner.