PR & Journalismus – Beziehungsstatus: Es ist kompliziert.

Eine Studie hat Selbst- und Fremdbild beider Berufsgruppen und ihre Beziehung zueinander ins Visier genommen.


Interessante Diskrepanzen – im Positiven wie im Negativen (© pixabay/johnhain, 2019)

Journalisten sind unzuverlässig, arrogant, wollen den Lesern vor allem ihre eigene Meinung aufdrücken, interessieren sich nur für Pleiten, Pech und Skandale und haben meist ohnehin keine Ahnung von der Materie.

PR-Leute haben eigentlich noch weniger Ahnung von der Materie, wollen ihre Kundenwerbung als Fakten verkaufen, rufen gerne im unpassendsten Moment wegen einer ohnehin irrelevanten Einladung an und halten sich selbst für die besseren Journalisten.

Das Verhältnis zwischen Journalismus und PR ist kein einfaches. Es ist sehr oft von Vorurteilen und Vorbehalten geprägt. Obwohl (oder vielleicht gerade weil) zwischen den beiden Branchen nicht selten „geswitcht“ wird. Wie groß das Körnchen Wahrheit in den jeweiligen Klischees ist, mögen beide Seiten sich selbst beantworten. 

Autor Mathias Hadwiger hat jedenfalls in seiner Arbeit “PR & Journalismus” die gegenseitigen Einschätzungen und Sichtweisen untersucht und gemeinsam mit dem Originalquellendienst uncovr.com präsentiert. Mehr als 200 Befragte beider Berufsgruppen haben sich zu Fremd- und Selbstbild geäußert. WirtschaftDirekt fasst einige Erkenntnisse für Sie zusammen.

Rahmenbedingungen: Mitleid mit den anderen?

Vorab: Interessant (aber nicht überraschend) sind die soziodemographischen Daten, die sich aus der Befragung ergeben. Demnach ist die PR-Branche eindeutig weiblich geprägt (73 % sind Frauen), im Journalismus gibt es einen leicht männlichen Überhang (58 % Männer). Während die Altersstruktur im Journalismus annähernd ausgeglichen ist, sind in der PR 51 % bis 34 Jahre alt, 36 % zwischen 35 und 49 und lediglich 13 % sind 50 Jahre oder älter. 

Beide Gruppen wurden jeweils befragt, welche Veränderungen sie in ihrem eigenen Beruf und in dem der anderen beobachten. Das Ergebnis zeigt: Sowohl Journalisten als auch PR-Leute glauben, dass die jeweils anderen schlechter dran sind als die sich selbst einschätzen.

So gaben 58 % der Journalisten an, dass ihre Wochenarbeitszeit zugenommen hat. Die Einschätzung der PR-Praktiker liegt hier weitaus höher: 87 % glauben, dass die schreiberische Zunft länger arbeiten muss. Das gilt aber auch umgekehrt: In der PR muss laut 75 % der Journalisten pro Woche mehr gerackert werden, die Selbsteinschätzung liegt hier bei 41 %. Ein ähnliches Bild ergibt sich in Bezug auf den Arbeitsdruck.

Ebenso gaben 75 % der Journalisten an, mit ihrem Beruf zufrieden zu sein, PR-Leute glauben, dass es nur der Hälfte so geht. Ein wenig kleiner ist die Schere anders herum: 55 % versus 69 %.

Journalisten: Was wollen die eigentlich?

Im Bereich Selbst- und Fremdbild wurden die Studien-Teilnehmer jeweils gebeten, Aussagen nach einer sechsstelligen Skala zu bewerten, wobei sechs „stimme voll und ganz zu“ und 1 „stimme überhaupt nicht zu“ bedeutete. 

Demnach geht es den Journalisten selbst zwar auch darum, Nachrichten zu produzieren, die für ein möglichst breites Publikum interessant sind (4,76), stärker noch aber darum, Kritik an Missständen zu üben (5,29). Die PR-Branche sieht die Gewichtung etwas anders: 5,07 für die Breitenwirkung, 4,99 für die Missstände. Dass Medienvertreter positive Ideale vermitteln möchten, wird lediglich mit 3,91 eingestuft. Die Eigenbewertung liegt etwas höher, bei 4,32.

Starke Zustimmung beiderseits gibt es für die Aufgabe des Journalismus, komplexe Sachverhalte zu erklären und zu vermitteln (Journalisten: 5,89 / PR: 5,06). Dass die Informationsvermittlung aber auch schnell erfolgen muss, ist in den Augen der Redakteure 4,79 Punkte wert. PR-Praktiker wünschen sich etwas mehr Beeilung (5,39).

Uneinig ist man sich in Sachen Objektivität in der Medienberichterstattung. Laut Eigeneinschätzung ist es den Journalisten wichtig, „die Realität genauso abzubilden, wie sie ist“ (Journalisten: 5,26 / PR: 4,10) und „das Publikum möglichst neutral und präzise zu informieren“ (Journalisten: 5,42 / PR: 4,34). Dem Publikum eigene Ansichten zu vermitteln, erhält von Journalisten nur die Prioritätsstufe 3,25, während die Gegengruppe dies auf der Skala mit 4,11 verbucht.

PR-Leute: Fleißig und gut vernetzt – aber seriös?

„Same procedure“ auch für die zweite Berufsgruppe. Hier werden von beiden Seiten die Aussagen, dass PR-Berufstätige wichtig für die Erreichung von Geschäftszielen sind (Journalisten: 4,61 / PR: 5,11) und über ein gutes Netzwerk verfügen (Journalisten: 4,92 / PR: 5,24) relativ hoch bewertet. Dass sie auch seriös sind, ist den Medienvertretern lediglich 3,80 Punkte wert. Wer jetzt mit einer Eigennote von glatten 6,0 bei PR-Leuten gerechnet hat, irrt. Es sind 4,81.

Jeweils deutlich im Ja-Bereich liegen die Attribute „fleißig“ (Journalisten: 4,74 / PR: 5,21), „zuverlässig“ (Journalisten: 4,93 / PR: 5,16) und „stehen für Rückfragen zur Verfügung“ (Journalisten: 4,84 / PR: 5,58). Auch die Aussagen, dass sie „Vertrauen bei Journalisten erreichen wollen“ (Journalisten: 5,18 / PR: 5,58) bzw. deren Meinungsbildung beeinflussen möchten (Journalisten: 5,38 / PR: 4,86) werden von beiden als recht wahrheitsgemäß eingestuft. Mit der Objektivität ist es aber auch hier nicht weit hier: Dass PR-Leute objektiv informieren, bewerten Redakteure mit einer armseligen 2,03. Die PR-Zunft selbst gibt sich immerhin 3,99.

Grafik © uncovr Originalquellendienst

Freundschaft ist relativ

Aus PR-Sicht ist die Zusammenarbeit mit dem Journalismus für beide sehr wichtig (5,55) und das Verhältnis durchaus partnerschaftlich. Ein bisschen wenig rosarot sehen das die Journalisten (4,17 bzw. 3,87). Auch verstehen sich Public Relations-Manager durchaus als Inspiration für redaktionelle Themen (5,22) und glauben sogar, dass ihre Informationen für die tägliche Berichterstattung unverzichtbar geworden sind (4,76). Die Sicht der anderen sieht so aus: 3,89 für die Anregungen, 3,26 für die Unverzichtbarkeit.

Einigkeit herrscht darüber, dass die Grenzen zwischen Journalismus und PR immer mehr verschwimmen (Journalisten: 4,45 / PR: 4,51). Trotzdem bewerten die Medienschaffenden die Aussage, dass PR-Leute Information und Werbung verwechseln, mit 4,44. Aus PR-Perspektive gibt es hier ein „Nein“ (2,90).

Wenig freundliche 4,79 gibt es von Journalisten für die Behauptung, dass PR-Leute auch manchmal lügen. Wenn es nach denen geht, ist dies nur mit Jein zu beantworten (3,38). Ein Nein beiderseits gibt es für die Unterstellung dass Journalisten tendenziell käuflich sind (2,41 / 2,64). Überraschende Übereinstimmung herrscht bei der Aussage, dass Journalisten oft wenig Sachkenntnis besitzen (Journalisten: 3,57 / PR: 3,56). Und das Klischee, dass sie vor allem das Negative suchen, die heißeste Schlagzeile jagen? Finden PR-Leute eher wahr (4,24), Journalisten selbst aber auch nicht wirklich falsch (3,57).

„Ich zähle Kollegen aus der anderen Berufsgruppe zu meinen engeren Bekannten“ – das müsste doch auf jeden Fall ausgeglichen sein? Tja. Naheverhältnisse sind wohl auch subjektiv zu bewerten. Das Ergebnis lautet 3,88 Journalisten zu 4,55 PR-Praktikern.