37 Mio. Bilder von Kleinkindern im Netz

Immer mehr Eltern teilen Fotos und Videos ihrer Kleinen über Facebook, Instagram & Co. Allein in Österreich sind es rund 37 Millionen Bilder pro Jahr, hat Saferinternet.at ausgerechnet. WirtschaftDirekt hat bei Eltern von 0- bis 6-Jährigen nachgefragt.


Stolze Eltern vergessen manchmal, dass auch ihre Kinder eine Privatsphäre haben (© McKaela Lee/ Unsplash)

Klein-Astrid (3) hat gerade so ein schönes Bild gemalt, Leander (5) sieht im Faschingskostüm einfach zum Anbeißen aus und Ronja (1) hat beim Baden gar nicht geweint, als ihr Shampoo in die Augen gelaufen ist. Momente wie diese lassen Elternherzen vor Stolz und Rührung anschwellen – und damit natürlich auch den Wunsch, andere mitstaunen, mitlachen, sich mitfreuen zu lassen. 

Eben das ist heute so einfach wie nie zuvor: Auf WhatsApp, Instagram, Facebook und anderen sozialen Medien kann man Großeltern, Tanten, Onkel und Freunde teilhaben lassen. Einfach schnell ein Foto geteilt – 377 Personen gefällt das.

Zu wenig Bewusstsein

Wie Saferinternet.at anlässlich des Safer Internet Days 2020 erhoben hat, teilen 48 Prozent der Eltern zumindest wöchentlich Fotos oder Videos ihrer Kinder online. Bei 10 Prozent ist das sogar täglich der Fall. Auf ein Jahr hochgerechnet sind das rund 37 Millionen Fotos von Kleinkindern in Österreich.

Die abgebildeten Kinder werden dabei immer jünger: 30 Prozent der Eltern geben an, dass sie bereits vor der Geburt zum Beispiel ein Ultraschall-Bild verschickt haben. „Der elterliche Stolz lässt viele vergessen, dass auch Kinder ein Recht auf Privatsphäre haben. Gerade bei Fotos scheint wenig Bewusstsein zu herrschen, dass diese im Internet auch in einem unerwünschten Kontext auftauchen und Schaden anrichten können“, betont Barbara Buchegger, pädagogische Leiterin von Saferinternet.at.

Umfrage: Teilen Sie Bilder Ihrer Kinder im Internet?

WirtschaftDirekt wollte von Eltern, die Kinder im betreffenden Alter haben, wissen, wie sie das Online-Stellen von Fotos und Videos sehen: Ist das ganz normal und okay? Oder unüberlegt und gefährlich? Macht die Dosis das Gift? Oder der gewählte Kanal? Und natürlich: Machen sie das selbst? 

Ich fotografiere und filme meine Tochter gerne, um die gemeinsamen Momente festzuhalten. Wenn ich eine direkte Portraitaufnahme wie z. B. von ihrem Faschingskostüm mache, frage ich sie vorher, ob sie das möchte. Wenn sie einmal nein sagt, dann respektiere ich das natürlich. Private Fotos von uns würde ich niemals in den sozialen Netzwerken öffentlich teilen, weil ich mein Kind schützen möchte und das Internet nie vergisst. Gerne schauen wir uns am Smartphone die lustigsten Schnappschüsse und schönsten Momente gemeinsam an. 

Katharina Wimberger, Digital Marketing Manager, Mutter einer 3-jährigen Tochter

Von den Social-Media-Kanälen nutze ich vor allem Facebook und Instagram. Und ja, ich poste dort auch Szenen aus unserem Familienleben. ABER: Ich teile nur Bilder von meinen Kindern, auf denen ihre Gesichter entweder nicht zu sehen sind oder auf denen ich sie durch einen Überleger o.ä. unkenntlich gemacht habe. Gerade in Hinblick auf Gesichtserkennung durch künstliche Intelligenz & Co. ist das für mich ein No-go. Meine Söhne sollen später selbst entscheiden können, ob und wie sie sich auf Social Media zeigen – bis dahin bleiben sie auf den Bildern nicht zuordenbar. 

Eva Kapistori, Angestellte im Finanzbereich, Mutter zweier Söhne (4 & 6 Jahre)

Als stolze Mama fotografiere ich meinen Sohn natürlich gerne. Diese Bilder sind aber privat und werden maximal hin und wieder mit der Familie via WhatsApp geteilt. Ich habe und werde sie niemals öffentlich auf Facebook & Co teilen. Schließlich würde ich das umgekehrt auch nicht wollen. Wenn wir Zeit miteinander verbringen, liegt mein Smartphone außer Reichweite für uns beide. Das Ergebnis? Mein Sohn wünscht sich zum Geburtstag Bücher oder Hörspiele und zum Einschlafen eine Geschichte … 

Nina Gadjaj, Lehrerin, Mutter eines 4-jährigen Sohnes

Ich poste Bilder meiner Tochter auf Instagram – der Account ist privat und nur für Freunde und Familie freigegeben. Es ist mir sehr wohl bewusst, dass das Internet nicht vergisst. Das ist Fluch und Segen zugleich. Einerseits ist es ein tolles chronologisches Fotoalbum, andererseits sind ihre Bilder auf immer gespeichert. Deshalb bemühe ich mich, Bilder zu verwenden, die ihr gefallen. Seit kurzem sagt sie auch ganz genau, wann sie nicht gefilmt/fotografiert werden will und was ich auf Instagram teilen darf – oder manchmal ihrer Meinung nach auch teilen muss. 

Barbara Brunsteiner, PR-Beraterin, Mutter einer 6-jährigen Tochter

Kinder steigen mit durchschnittlich einem Jahr erstmals ins Internet ein (© Elly Brian/Unsplash)

72 Prozent der 0- bis 6-Jährigen im Internet

Die Studie zum Thema „Die Allerjüngsten und digitale Medien“ fördert noch weitere erstaunliche Fakten zutage: Fast Dreiviertel der 0- bis 6-Jährigen (befragt wurden 400 Eltern) nutzen internetfähige Geräte zumindest gelegentlich – und das bereits ab einem Alter von durchschnittlich 12 Monaten. 

Dabei beschäftigen sich 33 Prozent der Kinder täglich mit einem internetfähigen Gerät. 46 Prozent geben an, dass ihr Kind dies mehrmals pro Woche tut. 2013 waren es noch 15 % bzw. 30 %. Die digitalen Hauptbeschäftigungen sind Videos anschauen (73 %), Fotos anschauen (61 %), Musik hören (61 %) und Spiele spielen (51 %). 

14 Prozent der Eltern geben an, dass ihr Kind in bestimmten Situationen die Beschäftigung mit digitalen Geräten wie ein Ritual braucht. 11 Prozent sagen, dass es ihrem Kind schwer fällt, sich ohne digitale Geräte selbst zu beschäftigen. Gleichzeitig aber vertritt die Hälfte der Eltern (49 %) die Meinung, dass sich Kinder in dieser Altersgruppe generell zu lange mit digitalen Geräten beschäftigen. Außerdem hat jeder fünfte Elternteil (20 %) ein schlechtes Gewissen, dass sie ihr Kind zu häufig mit dem Internet still beschäftigen. 

Für alle Eltern, PädagogInnen und erwachsenen Bezugspersonen hat Saferinternet.at eine Reihe von Tipps, Empfehlungen und Info-Materialien zusammengestellt. Diese und viele weiteren Angebote finden Sie unter www.saferinternet.at.