Aserbaidschan? Die meisten haben schon Schwierigkeiten, das Wort fehlerfrei über die Lippen zu bringen. Oder auf der Landkarte die ungefähre Lage zu verorten. Woher soll man also wissen, wie man sich in diesem Zungenbrecherstaat richtig verhält?
Es ist aber gar nicht so unwahrscheinlich, dass man zu Geschäftszwecken in den einstigen Sowjetstaat reisen muss. Der übrigens – Achtung: Bildungslücke schließt sich – am Kaspischen Meer liegt, zwischen Georgien, dem Iran, Armenien und der Türkei. Immerhin war Aserbaidschan 2018 laut Wirtschaftskammer der fünftwichtigste GUS-Markt für österreichische Exporte. Umgekehrt beliefen sich die Importe auf 367,6 Mio. Euro. Zudem hat die Hauptstadt Baku, wie man spätestens seit dem Song Contest weiß, einiges zu bieten.
Für Andreas Rupnik, Regional Manager Eastern Europe & Africa bei Swarovski, ist Aserbaidschan längst keine verbale Stolperfalle mehr: Er weilt immer wieder beruflich dort und kennt die Gepflogenheiten mittlerweile.
Respect (just a little bit)
Vor übertrieben strenger Etikette muss man sich in Aserbaidschan offenbar nicht fürchten. Doch einige Grundlegen der Höflichkeit sollte man schon einhalten, will man gute Geschäftskontakte knüpfen (oder behalten) – denn auch umgekehrt wird man dort sehr höflich behandelt.
„Hierarchien spielen in Aserbaidschan schon eine wesentliche Rolle“, erzählt Rupnik. „In den ehemaligen Sowjet-Staaten gilt generell – stärker, je weiter man in den Osten reist – nach wie vor eine Senioritätshörigkeit: Respekt vor Alter und Erfahrung ist wichtig, aber auch vor dem Erreichten und der Hierarchie innerhalb eines Unternehmens.“ So wird man auch je nach Position mit einer eleganten Limousine oder eben mit dem Kleinwagen vom Flughafen abgeholt.
Will man Respekt zeigen, sollte man wenigstens in der Landessprache grüßen. Wer sich über „Yaxşı gün!“ nicht drübertraut, kann auch „Salam!“ sagen. Auch empfiehlt es sich, Geschäftspartner eher zurückhaltend zu begrüßen. Mit der Zeit kann es durchaus zum Austausch von Herzlichkeiten kommen, aber zu Beginn ist es etwa nicht gern gesehen, Frauen die Hände zu schütteln. In diese Verlegenheit kommen Sie aber ohnehin nicht zwangsläufig. „In meiner Branche, der Schmuckbranche, sind sowohl Männer als auch Frauen in hohen Positionen“, so Andreas Rupnik. Doch generell seien Gremien oft rein männlich besetzt und es könne auch vorkommen, dass in einem Restaurant ausschließlich Männer anwesend sind.
Großzügigkeit mit Maß
Wer schon Mozartkugeln und Kernöl im Koffer hat, kann die ruhig wieder auspacken. Denn Gastgeschenke sind in Aserbaidschan nicht üblich. Dahingegen kann es durchaus sein, dass man anlässlich eines Geburtstags oder einer Hochzeit (falls der Geschäftspartner darüber informiert ist), ein Präsent erhält. Und dann gilt es, angemessen zu reagieren: Zieren gilt nicht! „In Aserbaidschan gilt es als Affront, ein Geschenk nicht anzunehmen“, betont der Insider. Sich zu überschwänglich zu bedanken, ist aber ebenfalls nicht angebracht – denn das Geschenk soll nicht zu sehr in den Mittelpunkt gerückt werden.
Tabu ist es auch, im Falle eines Essens die Rechnung zu übernehmen – schließlich ist man der Bewirtete. Gegeneinladungen folgen beim Gegenbesuch.
Apropos Essen: Alkohol ist nicht grundsätzlich verboten. Aber da in Aserbaidschan der Islam vorherrschende Religion ist, könnten Sie durchaus allein mit einem Bier dasitzen. Rupniks Tipp: „Einem Dilemma kann man hier entgehen, indem man den Geschäftspartner bestellen lässt.“
Und der Smalltalk beim Essen? Sollte sich tunlichst nicht um Politik oder Religion drehen. Ansonsten gibt es keine großen Tabu-Themen. Wie auch bei uns gilt: „Inwieweit das Privatleben thematisiert wird, hängt natürlich vom Geschäftspartner und von der jeweiligen Geschäftsbeziehung ab.“