Ich habe eine Wassermelone getragen war gestern – hip ist heute, wer ich habe eine Plastikflasche getragen sagen kann. Und zwar im „anzüglichen“ Sinne des Wortes: Bei Mandala Fashion gibt es nämlich Sportbekleidung, die aus recyceltem Polyester aus alten Plastikflaschen gefertigt wird. Die Tops und Leggings sehen nicht nur cool aus, sondern schonen so auch die Umwelt.
Das ist aber längst nicht alles: Das Yoga-Label setzt nämlich voll und ganz auf Nachhaltigkeit und faire Produktion. Zum Einsatz kommen neben dem Stoff aus PET-Flaschen auch Bio-Baumwolle, Bio-Polyamide aus Rizinusöl sowie die aus Holz gewonnenen Fasern Lyocell (Tencel®) und Modal, die beide von der österreichischen Firma Lenzing (gehört zur B&C Industrieholding) hergestellt werden.
Die Lehren aus der Fashion-Industrie
Mandala-Gründerin Nathalie Prieger versteht Nachhaltigkeit dabei jedoch nicht nur, wie so viele, im Sinne von Umweltschutz. Ihr sind Fairness und Chancengleichheit wichtig. Deshalb achtet sie auch auf die Arbeitsbedingungen bei ihren Lieferanten, unterstützt Frauen- und Kinderhilfsorganisationen, legt Wert auf faire Entlohnung sowie auf ein Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage uvm.
Gerade ihre Beobachtungen in der Branche brachten die im Iran aufgewachsene Designerin zum Umdenken. Nach ihrem Abschluss an der Pariser Modeschule ESMOD arbeitete sie für verschiedene deutsche Labels und war jahrelang Chef-Designerin der Modelinie von MCM. Im Laufe ihrer Karriere lernte Prieger die Textilindustrie profund kennen. Und was sie sah, gefiel ihr allzu oft nicht. Daher beschloss sie, ihr eigenes Label mit einer durch und durch grünen und fairen Philosophie zu gründen.
Der Erfolg gibt ihrem Konzept Recht: Der Onlineshop www.mandala-fashion.com erfreut sich großer Beliebtheit, vor allem im DACH-Raum, aus dem gut 80 Prozent der Kundinnen (die Kollektionen gibt es bislang nur für Frauen) stammen. Einen stationären Store gibt es bisher nur in München – und das wird auf absehbare Zeit auch so bleiben. Neben dem Online-Shop gibt es in Europa 150 Wiederverkäufer – das Business läuft gut und Prieger sieht derzeit keinen Grund für eine Expansion. Mit dem Erfolg zufrieden sein: auch das passt ins Bild der Unternehmerin, wie es sich im WirtschaftDirekt-Interview zeigt.
„Viele wissen nicht, wie unsozial Betriebe in Europa arbeiten“
Frau Prieger, bei der Gründung des Labels 2001 war Yoga in Europa noch längst nicht so ein Hype wie heute. Geschweige denn Fair Fashion. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, diese beiden Dinge – noch dazu in Kombination – anzubieten?
Prieger: Eine meiner Stärken als Designerin ist es, Trends zu erkennen und den Zeitgeist zu erfassen. Das habe ich damals stark gespürt, als ich durch die Metropolen reiste und die Menschen in New York, Los Angeles und London beobachtete. In Indien war vor allem der Goa-Hype. Da lag es auch nahe, Yoga zu lernen.
Zu den Werten des Yoga gehört Achtsamkeit – also ein gerechter Umgang mit Menschen, Tieren und der Umwelt. Das ist ein Mindset, das man verinnerlicht, wenn man Yoga übt: Dabei verändern sich die Einstellung und das Denken. Ich sah, wie dreckig und ungerecht die Textilindustrie arbeitete – ein Widerspruch, wenn Mode Menschen kleiden soll, damit sie sich wohl und „schöner“ fühlen. Das darf nicht auf Kosten von Menschen und der Umwelt geschehen, die an dem Herstellungsprozess beteiligt sind.
Ihre verwendeten Stoffe bzw. Lieferanten sind handverlesen. Wie sind Sie auf sie gekommen?
Wir arbeiten seit 15 Jahren mit zwei Manufakturen zusammen. Die eine hat mein Mann Philipp Langer damals in Shanghai gegründet: eine der ersten nachhaltigen und zertifizierten Produktionsstätten in China, 80 Mitarbeiter sind auf Nachhaltigkeit geschult. Der andere Betrieb gehört einer türkischen Familie in Izmir, die mit viel Hingabe ihre Mitarbeiter leitet. Es sind Experten auf dem Gebiet der Bio-Baumwolle.
Bei aller Nachhaltigkeit lassen Sie in China und der Türkei produzieren. Warum dort und nicht in Europa?
Diese Frage wird oft gestellt, da teilweise nicht ausreichend Wissen darüber vorhanden ist, wie die Produzenten in der Türkei und in China arbeiten. Viele wissen auch nicht, wie unsozial Betriebe in Europa sind. „Made in Europe“ ist meistens eine Augenauswischerei. Die traditionellen Betriebe aus Italien und Frankreich arbeiten zu großen Teilen noch gerecht und nachhaltig – da heißt es dann „Made in Italy“ oder „Made in France“. Aber wer fertigt dort noch selbst? In Portugal gibt es noch eine gute Jersey-Produktion. Doch die meisten Labels, die angeblich „Made in Europe“ sind, lassen in Ländern herstellen, wo die Bedingungen erheblich schlechter sind als in der Türkei und in China. Dort gibt es meist sehr schlechte Bezahlungen und Arbeitsbedingungen sowie wenig Rechte für die Arbeiter. Überstunden und Urlaube werden nicht bezahlt, soziale Leistungen fallen oft weg und Arbeitsplätze sind oft nicht abgesichert.
Das hört man aber auch von China?
China hat sich mittlerweile sehr gut entwickelt für die Textilindustrie, ist teurer geworden, weil Technologie vorhanden ist und Mitarbeiter bessere Löhne und Boni erhalten. Deshalb gehen viele Labels nun nach Bangladesch und Kambodscha.
Sie verwenden u. a. Tencel von der österreichischen Firma Lenzing. Gibt es noch etwas anderes, das Sie mit Österreich verbindet?
Mit Österreich verbindet mich die Zusammenarbeit mit @dariadaria, Maddie Alizadeh, die als Wienerin das Gesicht für unsere Kampagnen ist. Als Aktivistin für Fair Fashion und Frauenrechte teilt sie dieselben Werte wie wir. Gemeinsam machen wir darauf aufmerksam, dass man Mode auch anders herstellen und konsumieren kann. Tencel der Firma Lenzing ist seit zehn Jahren einer unserer Bestseller-Stoffe. Dieses Garn ist nachhaltig und wunderbar zu tragen.
Faire Bedingungen für Frauen
Sie wollen Frauen unterstützen, da diese in vielen Ländern ausgebeutet werden. Wie sieht diese Unterstützung aus?
Wir unterstützen Frauen in allen Bereichen, die uns bei der Arbeit begegnen. In unserem Headquarter arbeiten ausschließlich Frauen, die größtenteils Mütter sind. Alle haben flexible Arbeitszeiten, die sie selber festlegen. Natürlich auch Home-Office und sie haben die Möglichkeit, daheim zu bleiben, wenn ein Kind krank ist. Durch die zertifizierte Fertigung ist zudem gewährleistet, dass Frauen faire Löhne erhalten, mit denen sie ein menschenwürdiges Dasein führen können. So, dass die Lebenskosten vor Ort gedeckt werden – also kein staatlich festgelegter Mindestlohn, sondern mehr. Im indischen Kalkutta unterstützen wir die Organisation „Yoga Gives Back“, die Mädchen, die als Kinder verheiratet wurden, Bildung ermöglicht. In Südindien, Kerala, finanzieren wir zusätzlich das Studium von zwei Mädchen.
Sie wurden auch mit dem „Approved Vegan Label“ der Tierschutzorganisation PETA ausgezeichnet. Was genau darf man sich unter veganer Mode vorstellen?
Vegane Mode beinhaltet Produkte, die nicht aus Tierfasern – wie etwa Wolle oder Leder – hergestellt wurden. Unsere Kollektion wird aus Pflanzenfasern produziert, ein kleinerer Teil wird aus recycelten PET-Flaschen gefertigt.
Sie schreiben auf Ihrer Website, dass Sie nur auf Nachfrage produzieren. Wie kann es dann einen gut bestückten Online-Shop geben?
Wir produzieren nach einer sogenannten Vor-Order. Das heißt, Kunden – Wiederverkäufer – platzieren ihre Aufträge bei uns. Erst danach fertigen wir genau die bestellten Stückzahlen. Bei unserem Online-Shop verhält es sich gleich. Wir produzieren unsere Ware entsprechend den Verkaufszahlen der vorherigen Saisons. Da bleiben am Ende der Saison nur etwa 200 Teile übrig, die wir an ein Frauenhaus spenden.
Von der Sekte zur Marke
Sie waren einmal, was man heute ein „Start-up“ nennt. Wann wussten Sie, dass Sie diesen Punkt hinter sich gelassen haben?
Wir haben uns den Yogamarkt hart erarbeitet – anfangs war man auch skeptisch, weil viele Händler dachten: „Yoga, das ist eine Sekte“. Als dann große Department Stores, Luxushotels und Sporthäuser anfingen, uns zu kontaktieren, weil sie unbedingt Mandala im Sortiment haben wollten, da wusste ich: jetzt sind wir eine Marke geworden. Das war vor zehn Jahren.
Wie sehen Sie die Diskussion um den Klimawandel und um Nachhaltigkeit – kommt das nicht alles ein bisschen spät?
Ein Umdenken zugunsten des Planeten muss sein und ich hoffe, dass von politischer Seite Gesetze erfolgen, die der Wirtschaft strenge Vorgaben machen in puncto „klimafreundliche Herstellung von Produkten“. Leider sind die meisten Manager und CEOs ignorant und interessieren sich nicht dafür, welche Auswirkungen ihre Geschäfte auf das Klima haben. Da gibt es leider wenige Visionäre und verantwortungsvolle Männer.
Und wie ernst meint es die Generation Greta Ihrer Meinung nach wirklich?
Die Generation Greta meint es ernst. Die ältere – meine – Generation, die in den Führungspositionen sitzt, gibt jungen Menschen leider oft keinen Platz zu agieren und für eine bessere Zukunft einzustehen. Das ist ungerecht. Sie müssen mit den Wirkungen, die wir verursacht haben, zurechtkommen