Babys lauschen früher als gedacht

Eine Wiener Arbeitsgruppe beweist: Sprachentwicklung beginnt schon im Mutterleib.


Schon im letzten Schwangerschaftsdrittel haben Föten funktionsfähige Hörorgane (@ 1041483/Pixabay)

Werdende Väter lauschen gerne am Babybauch und hoffen, dass der Nachwuchs mit ihnen kommuniziert. Was die meisten von ihnen nicht wissen: das gilt auch umgekehrt. Denn die Sprachentwicklung von Kindern beginnt nicht mit dem selbst gesprochenen Wort, sondern sehr viel früher: Schon im Mutterleib lernen Babys, erste Sprachlaute zu unterscheiden. Das konnte eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der MedUni Wien/AKH Wien im Comprehensive Center for Pediatrics (CCP) um die Neurolinguistin Lisa Bartha-Doering nun zeigen.

Schon im letzten Schwangerschaftsdrittel haben Föten funktionsfähige Hörorgane. Im Gehirn bilden sich zu dieser Zeit sprachspezifische Areale aus. Die letzten Wochen vor der Geburt sind daher für die ersten Schritte der kindlichen Sprachentwicklung von großer Bedeutung und haben Auswirkung auf den weiteren Sprachverlauf.

Frühchen sind im Nachteil

Reifgeborene Babys können schon am Tag nach der Geburt Sprachlaute von nichtsprachlichen Lauten differenzieren. Für Frühchen gilt das nicht, wie Bartha-Doering und ihr Team feststellten: Kinder, die deutlich vor dem errechneten Geburtstermin auf die Welt kommen, können Sprache noch nicht von nichtsprachlichen Lauten unterscheiden und weisen noch keine funktionelle Spezialisierung der zuständigen Hirnregionen auf.

Doch man kann hier durchaus positiv Einfluss nehmen: „Eine Lautumgebung ähnlich der Situation im Mutterleib, inklusive elterlicher Stimmen und Reduktion der Umweltgeräusche, kann die Entwicklung der Sprachareale im Gehirn von frühgeborenen Kindern unterstützen und somit die weitere Sprachentwicklung erleichtern“, betont Bartha Doering. Die akustische Umgebung auf Früh- und Neugeborenen-Stationen sei daher sehr wichtig. Die neuesten Ergebnisse, so die Spezialistin, würden nun im AKH Wien und der MedUni Wien berücksichtigt.

Zur Methodik

Um die frühen Hirnaktivitäten zu messen, verwendeten die ForscherInnen die Methode der funktionellen Nahinfrarot-Spektroskopie (fNIRS), mit der während der Wahrnehmung von Sprache die Veränderungen der Sauerstoffanreicherung in der Hirnrinde der Babys gemessen wurden.